Eingliederung stärken, Invalidität verhindern
Das System der Invaliditätsversicherung (IV) soll besser werden. Um dieses Ziel des Bundesrats und des Parlaments zu erreichen, tritt per 1.1.2022 eine Gesetzesrevision in Kraft. Wir erklären, was neu ist.
Die Vorgabe für die Gesetzesrevision war klar: sie soll die Eingliederung verstärken und eine Invalidität möglichst verhindern. Dies soll erreicht werden durch eine intensivere Begleitung und Steuerung bei Geburtsgebrechen, die gezielte Unterstützung von Jugendlichen beim Übergang ins Erwerbsleben und den Ausbau der Beratung und Begleitung von Menschen mit psychischen Gesundheitsstörungen. Damit es gelingt, wird auch die Zusammenarbeit zwischen den Ärzt*innen und Arbeitgebenden sowie der IV ausgebaut. Zudem wird das heutige Rentenmodell durch ein stufenloses System ersetzt. Weiter werden Abklärungen und medizinische Gutachten für alle Sozialversicherungen vereinheitlicht.
Aus Sicht des Bundesrats wandelt sich die IV mit dieser Weiterentwicklung «erfolgreich von einer Renten- zu einer Eingliederungsversicherung».
Im Folgenden geben wir einen Überblick die einzelnen Massnahmen, die auch die Arbeit betreffen:
Jugendliche
Für Bundesrat und Parlament ist es wichtig, dass junge Menschen nicht als Rentnerinnen oder Rentner ins Erwachsenenleben starten. Eine Rente soll daher erst zugesprochen werden, wenn alle Massnahmen zur Eingliederung ausgeschöpft worden sind. Die IV baut deshalb die Instrumente aus, die Jugendlichen mit psychischen oder anderen Beeinträchtigungen im Übergang von der Volksschule zur ersten beruflichen Ausbildung helfen. Die bei Erwachsenen bewährten Instrumente der Früherfassung und der sozialberuflichen Integrationsmassnahmen kommen künftig auch Jugendlichen zugute. Die IV kann zudem vorgelagerte kantonale Angebote zur Eingliederung Jugendlicher, insbesondere zur Vorbereitung auf die erste Berufsausbildung, und das kantonale Case Management Berufsbildung mitfinanzieren. Jugendliche, die aufgrund ihrer Invalidität bei der Berufswahl Schwierigkeiten haben, erhalten zusätzlich zur Berufsberatung auch Anspruch auf eine vorbereitende Massnahme zum Eintritt in die Ausbildung. Die erstmaligen beruflichen Ausbildungen sollen wenn immer möglich im ersten Arbeitsmarkt stattfinden. Junge Menschen in der beruflichen Eingliederung haben fünf Jahre länger als bisher, bis zum 25. Altersjahr, Anspruch auf medizinische Eingliederungsmassnahmen der IV.
Psychisch Beeinträchtigte
Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen brauchen spezifische Unterstützung, damit sie im Arbeitsleben verbleiben oder Eingliederungsmassnahmen erfolgreich abschliessen können. So ist neu eine Früherfassung noch früher, also bereits bevor es zu einer Krankschreibung kommt, möglich. Betroffene können zudem frühzeitig und über die Eingliederung hinaus von der IV begleitet und beraten werden. Es wird ein Personalverleih eingeführt, mit dem Arbeitgebende potenzielle Angestellte kennenlernen können. Die sozialberuflichen Integrationsmassnahmen werden zeitlich ausgedehnt und besser an individuelle Bedürfnisse angepasst. Um die Vermittlungschancen nach Wegfall der Invalidenrente zu erhöhen, wird schliesslich die mögliche Bezugsdauer für Taggelder der Arbeitslosenversicherung auf 180 Tage verdoppelt.
Verstärkte Zusammenarbeit mit Ärzt*innen und Arbeitgebenden
Um die Zusammenarbeit zu stärken, werden behandelnde Ärztinnen und Ärzte besser über die IV im Allgemeinen sowie über die Eingliederungsmassnahmen ihrer Patientinnen und Patienten informiert. Die Gesetzesrevision bringt auch praktische Verbesserungen, die es den Arbeitgebenden vereinfachen, gesundheitlich beeinträchtigte Personen bei der Eingliederung zu unterstützen.
Stufenloses Rentensystem
Damit der Anreiz besteht, die Erwerbstätigkeit zu erhöhen, wird für Neurenten ein stufenloses System eingeführt. Im heutigen Rentensystem mit vier Stufen ist es für viele IV-Rentnerinnen und -Rentner nicht attraktiv, mehr zu arbeiten, weil sich wegen Schwelleneffekten ihr verfügbares Einkommen nicht erhöht. Wie schon heute wird ab einem IV-Grad von 70 Prozent eine ganze Rente zugesprochen. Die Renten von Versicherten unter 30 Jahren werden innerhalb von 10 Jahren ins stufenlose System überführt, sofern sie nicht schon im Rahmen einer ordentlichen Revision angepasst wurden.
Die Mehrkosten und Einsparungen halten sich mit der Weiterentwicklung der IV die Waage. Längerfristig wird durch die verstärkte Eingliederung sogar eine Entlastung des IV-Finanzhaushalts erwartet.
Hansjörg Schmid
Mediencorner
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