Tiefe Lohnabschlüsse in der MEM-Industrie sind verantwortungslos
Beitrag von Stefan Studer, Geschäftsführer Angestellte Schweiz, anlässlich der Medienkonferenz von Travail.Suisse vom 8. Dezember
Noch liegt den Angestellten Schweiz erst ein knappes Drittel der Lohnabschlüsse derjenigen Unternehmen der MEM-Industrie vor, in denen sie präsent sind. Die Resultate lösen keine Euphorie, sondern Bauchschmerzen aus. Der Trend zeigt klar: Im Gegensatz zu anderen Branchen gibt es fast nirgends eine Reallohnerhöhung, in der Hälfte der Unternehmen wird nicht einmal die Teuerung ausgeglichen. Der Schnitt der Lohnerhöhungen liegt bei mageren 2,2%.
Dass für die Textilmaschinenindustrie keine Reallohnerhöhung drin liegt, kann man nachvollziehen. Sie wurde bereits ab Mitte Jahr voll von der Krise erwischt, die Aufträge brachen um rund zwei Drittel ein. In anderen Subbranchen ist die Auftragslage aber nach wie vor gut, wie die Zahlen von Swissmem zeigen. Am Ende des dritten Quartals 2008 lag der Index der Aufträge für die gesamte MEM-Industrie immer noch über dem Medianwert der letzten fünf Jahre. Die Umsätze konnten in den ersten neun Monaten 2008 gegenüber Vorjahresperiode um 9,1% gesteigert werden. Wenn die Arbeitgeber der MEM-Industrie jetzt jammern, dann auf hohem Niveau. Es ist für uns absolut unverständlich, dass die Angestellten jetzt nicht am eigentlichen Erfolg der MEM-Industrie teilhaben sollen. Und zwar in Form des generellen Ausgleichs der Teuerung plus einer Reallohnerhöhung in der Grössenordnung von bis zu 1,5%.
Die Spielregeln können nicht nach Belieben gewechselt werden
Noch 2003 und 2004 verwiesen die Arbeitgeber auf die schlechte Wirtschaftslage der vergangenen Jahre, um allzu grosse Lohnerhöhungen abzuwehren. Nun ist der Blick plötzlich ausschliesslich auf die Zukunft gerichtet. Jetzt sind es die schlechten Aussichten, die gegen Lohnerhöhungen ins Feld geführt werden. Mit Verlaub, das ist ein unfaires Spiel! Man kann doch nicht die Regeln wechseln, wie es beliebt. So wären nämlich Lohnerhöhungen prinzipiell nie gerechtfertigt, denn es gab und wird auch weiterhin wirtschaftlich schlechte Zeiten geben. Wir fordern die Arbeitgeber auf, nach fairen Regeln zu verhandeln. Sie sollen ihre Verantwortung wahrnehmen und die Produktivitätsgewinne nicht nur dem Betriebsgewinn gutschreiben, sondern in angemessenem Verhältnis auch den Angestellten zukommen lassen. Auch das ist eine Investition in die Zukunft des Unternehmens.
In den noch nicht abgeschlossenen Lohnverhandlungen werden sich die Angestellten Schweiz für gute Resultate mit Reallohnerhöhungen einsetzen.
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Stefan Studer, Geschäftsführer Angestellte Schweiz, Tel. 044 360 11 11,
Natel 079 621 08 19