Tiefer Mindestzinssatz bei beruflicher Vorsorge: Was bedeutet das für mein Pensionskassen-Vermögen?
Jedes Jahr setzt der Bundesrat den Mindestzinssatz für die berufliche Vorsorge einen Mindestzinssatz fest. Seit dem Jahr 2003 sinkt dieser kontinuierlich. So betrug der Zinssatz bis 2002 konstant 4%. Im Jahr 2003 aber nur noch 3,25%, 2004 sogar nur noch 2,25%. Danach stieg der Zinssatz vorübergehend wieder an, da sich die Wirtschaft erholte und die Börsenkurse stiegen. Im Jahr 2008 wurde der Zinssatz auf 2,75% festgelegt. Für 2009 sollen es nun 2% sein.
Diesen Herbst wurde wieder eine hitzige Diskussion über den Mindestzinssatz für die berufliche Vorsorge geführt. Die Arbeitgeberverbände wollten den Zinssatz auf 1,75% festsetzen; die Arbeitnehmerverbände und die Gewerkschaften setzten sich dafür ein, dass der Bundesrat den Zins auf 2,25% festlegen solle. Allen Parteien ist klar, dass die Finanzkrise Auswirkungen auf die Anlagerendite haben wird. Die Aktienkurse sind im Keller. Das spürt jeder.
Der Bundesrat fand einen Schweizerischen Kompromiss und beschloss einen Mindestzinssatz für das Jahr 2009 von 2%. Das ist aus Sicht der Angestellten Schweiz und ihres Dachverbandes Travail.Suisse etwas zu knapp, sie hätten 2,25% bevorzugt.
Was bedeutet der tiefe Mindestzinssatz von 2% nun aber konkret für die Guthaben der Angestellten bei den Pensionskassen? Zuerst einmal ist festzuhalten, dass es sich um einen Mindestzinssatz handelt, dass also die Kassen auch höher verzinsen können. Dann muss man wissen, dass der festgelegte Mindestzinssatz nicht für das gesamte angesparte Geld eines Angestellten gilt, sondern nur für den obligatorisch angesparten Teil, nicht aber für den überobligatorischen. Obligatorisch versichert ist der Jahreslohn zwischen 23 205 Franken und 79 560 Franken. Was darunter oder darüber ist, kann überobligatorisch versichert sein. Die meisten Arbeitgeber versichern auch den überobligatorischen Anteil des Lohns ihrer Arbeitnehmer.
Bei vielen Arbeitnehmern macht der obligatorisch angesparte Teil den kleineren Teil des BVG-Guthabens aus. Oft sogar nur einen Drittel. Beim überobligatorischen Teil sind die Pensionskassen nicht an den bundesrätlich verordneten Mindestzinssatz gebunden. Für diesen Teil des Guthabens setzt der paritätisch zusammengesetzte Stiftungsrat (Vertreter der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite) der Pensionskasse den Zinssatz fest. Er kann tiefer sein als der Mindestzinssatz für den obligatorischen Teil, oder sogar bei 0% liegen, kann aber bei einer optimalen Anlagestrategie auch 4% betragen.
Wenn man wissen will, wie hoch die eigene Pensionskasse das Guthaben verzinst, lohnt es sich, beim Stiftungsrat anzufragen, und zwar explizit auch, wie der Zinssatz für den überobligatorischen Teil ist.
Leider kann nicht jeder Angestellte seine Pensionskasse selber wählen. Er muss sich der Kasse seines Arbeitgebers anschliessen. Arbeitet diese Pensionskasse aber unter dem marktüblichen Durchschnitt, so können die Arbeitnehmer Druck auf den Arbeitgeber ausüben, die Pensionskasse zu wechseln. Für eine solche Intervention ist eine Arbeitnehmervertretung im Betrieb sehr geeignet und hilfreich. Aber auch die Angestellten Schweiz stehen mit Rat und Tat zur Seite.
Weitere Infos:
Urs Sager, Rechtsanwalt Angestellte Schweiz, Tel. 044 360 11 11