Ausgewogene Ernährung zwischen Kultur und Tradition

Aus Überzeugung vegetarisch oder vegan zu essen, ist das aus Sicht der Kantine etwas anderes, als aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch zu essen?

Für religiöse Minderheiten ist es nicht einfach, sich in ihrem beruflichen Umfeld zurechtzufinden. Ethische Gründe, Werte und religiöse Prinzipien sind nicht immer leicht zu befolgen, wenn man ein praktizierende*r Muslim*a oder Jude*in in der westlichen Welt ist. Laut dem Bundesamt für Statistik waren im Jahr 2022 in der Schweiz fast 32% der Bevölkerung römisch-katholisch, 20% protestantisch, 5,6% andere christliche Gemeinschaften, 6% Muslime, 1% andere Gemeinschaften und mehr als 34% ohne Religionszugehörigkeit. Wenn man eine solche konfessionelle Vielfalt bemerkt, ist die Stunde der dominanten oder Mehrheitsreligion vorbei, denn die Statistiken zeigen, dass mehr Menschen konfessionslos sind als der Hauptreligion angehören.

Kann man also heute noch von Minderheiten sprechen? In der Arbeitswelt ist es nicht immer einfach, sich anzupassen. Aber kann man seine Überzeugungen wirklich zu Hause lassen und sie am Abend wiederfinden, wenn man die Tür aufstösst? Wie kann man in der Schweiz seine Religion leben, sich integrieren und gleichzeitig praktizieren, insbesondere bei Tisch, wenn es über den Teller geht?

Vor dem Hintergrund, dass die religiöse Vielfalt in der westlichen Welt immer offensichtlicher wird, haben viele Unternehmen in der Schweiz und in anderen Teilen der Welt Massnahmen ergriffen, um die religiösen Praktiken ihrer Angestellten zu respektieren, insbesondere was das Essen betrifft. Im Folgenden werden einige Strategien vorgestellt, die entwickelt wurden, um den Bedürfnissen religiöser Minderheiten, insbesondere von Muslim*innen und Juden und Jüdinnen, am Arbeitsplatz gerecht zu werden :

  • Angepasste Essensoptionen : Viele Unternehmen haben ihr Essensangebot um halal-, koscher- und vegetarische Optionen erweitert. Dadurch können sich Mitarbeitende verschiedener religiöser Bekenntnisse bei Betriebsessen einbezogen und respektiert fühlen.
  • Gebetsräume: Einige Unternehmen bieten spezielle Räume für das Gebet an, in denen Mitarbeitende während der Arbeitszeit ihren Glauben praktizieren können. Diese Gebetsräume sind oft so gestaltet, dass sie die besonderen Bedürfnisse verschiedener Religionen respektieren.
  • Arbeitszeitregelungen: Für Beschäftigte, die heilige Tage oder Fastenzeiten einhalten, bieten einige Unternehmen flexible Arbeitszeitregelungen an. Dies ermöglicht es ihnen, ihre religiösen Verpflichtungen mit ihren beruflichen Pflichten zu vereinbaren.
  • Sensibilisierung und Schulung: Viele Unternehmen organisieren Sensibilisierungs- und Schulungssitzungen zum Thema religiöse Vielfalt und wie man ein integratives Arbeitsumfeld schaffen kann. Diese Sitzungen zielen darauf ab, das Bewusstsein der Mitarbeitenden für die religiösen Praktiken ihrer Kolleg*innen zu schärfen und den gegenseitigen Respekt zu fördern.
  • Antidiskriminierungsrichtlinien: Die Unternehmen verfügen über strenge Richtlinien gegen religiöse Diskriminierung und stellen sicher, dass alle Mitarbeitenden unabhängig ihrer religiösen Überzeugungen fair behandelt werden.
  • Konsultation mit den Mitarbeitenden: Einige Unternehmen konsultieren ihre Mitarbeiter regelmässig zu den spezifischen Bedürfnissen im Zusammenhang mit ihrer Religion und suchen aktiv nach Möglichkeiten, diese zu erfüllen. Dieser Ansatz stellt sicher, dass die eingeführten Massnahmen tatsächlich auf die Bedürfnisse der Beschäftigten zugeschnitten sind.
  • Partnerschaften mit religiösen Organisationen: Einige Unternehmen gehen Partnerschaften mit lokalen religiösen Organisationen ein, um die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten besser zu verstehen und geeignete Initiativen zu entwickeln.

Durch die Umsetzung dieser verschiedenen Massnahmen bemühen sich Unternehmen in der Schweiz und der westlichen Welt, integrative Arbeitsumgebungen zu schaffen, in denen sich Mitarbeiter aller religiösen Bekenntnisse entfalten und voll und ganz zu ihrem Erfolg beitragen können.

Um einen reibungslosen Ablauf der Gerichte, Menüs und Mahlzeiten zu gewährleisten, die in einer Betriebskantine für Personen angeboten werden, die sich an die halal- oder koscheren Ernährungspraktiken halten, müssen unbedingt mehrere Elemente berücksichtigt werden. Zunächst einmal ist eine klare und transparente Kommunikation zwischen dem Unternehmen und den Mitarbeitenden von entscheidender Bedeutung. Die betroffenen Mitarbeitenden sollten ihre spezifischen Ernährungsbedürfnisse und Vorlieben äussern können, damit die Kantine diese bei der Menüplanung berücksichtigen kann.

Zweitens empfiehlt es sich, klare Protokolle für den Umgang mit Lebensmitteln zu erstellen, wobei darauf zu achten ist, dass eine Kreuzkontamination zwischen Halal- oder Koscher-Lebensmitteln und anderen Lebensmitteln vermieden wird. Dies kann die Verwendung von separaten Küchenutensilien, speziellen Zubereitungsbereichen oder sogar speziellen Lieferanten für zertifizierte Halal- oder Koscher-Lebensmittel beinhalten. Schliesslich kann die Diversifizierung des Speisenangebots durch das Angebot einer Vielzahl von Gerichten, die auf die verschiedenen religiösen Speiseeinschränkungen abgestimmt sind, dazu beitragen, dass sich alle Mitarbeiter bei der Wahl ihrer Speisen im Unternehmen einbezogen und respektiert fühlen.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Unternehmen in der Schweiz und in anderen Regionen angesichts der zunehmenden religiösen Vielfalt in der westlichen Welt Massnahmen ergriffen haben, um die religiösen Praktiken ihrer Mitarbeitenden zu respektieren, insbesondere im Bereich der Ernährung. Durch die Diversifizierung des Lebensmittelangebots, die Einführung klarer Protokolle für den Umgang mit Lebensmitteln und die Sensibilisierung der Mitarbeiter für die religiöse Vielfalt bemühen sich diese Unternehmen, integrative Arbeitsumgebungen zu schaffen, in denen sich alle Mitarbeitenden voll entfalten können, während sie gleichzeitig ihre religiösen Überzeugungen respektieren.

Autor*in

Anne-Valérie Geinoz

Anne-Valérie Geinoz

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