Darf mich mein Arbeitgeber überwachen, wenn ich ein Burnout habe?

Ein Arbeitgeber setzt eine Privatdetektivin auf seinen Mitarbeiter an, der wegen Burnout krankgeschrieben ist. Er zweifelt an dessen Arbeitsfähigkeit – und entlässt ihn am Ende fristlos. Johann S. fragt beim Rechtsdienst von Angestellte Schweiz nach: Ist das wirklich erlaubt?

10 Jahre lang habe ich zur vollen Zufriedenheit meines Arbeitgebers gearbeitet. Als sich aufgrund von Personalwechsel auch das Arbeitsklima änderte, hat sich meine Gesundheit verschlechtert bis hin zum. Burnout. Mein Vorgesetzter zweifelt die Arbeitsunfähigkeit an und hat mich durch eine Privatdetektivin überwachen lassen. Nach einem Monat hat diese angeblich gemeldet, ich würde mir einfach eine schöne Zeit machen. Daraufhin bin ich fristlos entlassen worden. Was kann ich tun?

Johann S.

Arbeitsunfähigkeit verpflichtet nicht zu Untätigkeit

Gerade bei Burnout und Depression ist es für arbeitsunfähige Angestellte wichtig, auf andere Gedanken zu kommen und Dinge zu tun, die Freude bereiten. Nur so erholen sie sich nachhaltig und werden wieder einsatzfähig – die Erwartung, man liege rund um die Uhr daheim im Bett, ist deshalb weder realistisch noch hilfreich.

In Johanns Situation ist eine fristlose Entlassung so oder so nicht rechtswirksam. Denn sie wurde während einer Frist ausgesprochen, in der Angestellte vor einer Kündigung geschützt sind:  

  • 30 Tage ab Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im ersten Anstellungsjahr
  • 90 Tage im zweiten bis fünften Anstellungsjahr
  • 180 Tage ab dem sechsten Anstellungsjahr

Diese Fristen sind im Artikel 336c des Obligationenrechts geregelt. Für Johann gilt also eine Schutzfrist von 180 Tagen, solange er arbeitsunfähig bleibt.

Bei Zweifel beurteilt eine Fachperson die Situation

Der Arbeitgeber hat aber noch einen weiteren Fehler begangen. Zweifelt er die Arbeitsunfähigkeit seines Angestellten an, muss er das durch einen Vertrauensarzt oder eine Vertrauensärztin abklären lassen. Eigene Nachforschungen oder der Bericht einer Detektivin sind wertlos.

Auch wenn der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit durch eine vertrauensärztliche Fachperson abklären lassen darf, hat er kein Anrecht darauf, den Grund dafür zu erfahren – Vertrauensärzt*innen sind an das Arztgeheimnis gebunden. Verletzen sie dieses gegenüber einer angestellten Person, können sie mit einer Busse oder gar einer Haftstrafe belangt werden gemäss Artikel 321 des Schweizer Strafgesetzbuchs.

Die einzige Information, die eine vertrauensärztliche Fachperson kommunizieren darf, ist eine Einschätzung zur Arbeitsunfähigkeit und deren Dauer.

Achtung vor den Praktiken der Krankentaggeldversicherung

In der Praxis ist es häufiger die Krankentaggeldversicherung, die ein*e arbeitsunfähige*n Mitarbeitende*n durch eine ihrer eigenen Fachpersonen medizinisch untersuchen lassen will. Auch wenn dieses Vorgehen absolut rechtens ist, sollte man gut darauf achten, wie die Versicherung vorgehen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Versicherungen von den betroffenen Angestellten systematisch eine weitreichende Aufhebung des Arztgeheimnisses verlangen: Der Arzt oder die Ärztin dürften dann mehr als die reine Arbeitsunfähigkeit und die Dauer bestimmen und offenlegen, was problematisch sein kann.

Wenn du in einer ähnlichen Lage bist und Beratung brauchst, kontaktiere unsere Expertinnen und Experten in der Rechtsberatung. Die Dienstleistung ist für unsere Mitglieder kostenlos.

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