Was ist Plattformarbeit?

Arbeit wird in der modernen flexiblen Arbeitswelt zunehmend über digitale Arbeitsplattformen vermittelt. Anfang 2021 gab es bereits über 500 davon. In der EU beschäftigen sie 2022 mehr als 28 Millionen Menschen. Bekannte Beispiele sind Uber, Upwork oder Coople.
Digitale Plattformen vermitteln Arbeitskräfte für oft zeitlich begrenzte Aufgaben oder Projekte. Der entsprechende Wirtschaftszweig heisst Plattform-Ökonomie oder Gig-Ökonomie. («Gig» ist das englische Wort für ein oft einmaliges Engagement, zum Beispiel den Auftritt einer Musikband.)
Arbeitskräfte schätzen an der Gig-Ökonomie die Flexibilität und die Freiheiten:
Für die Unternehmen hat die Plattform-Ökonomie ebenfalls grosse Vorteile:
Es existieren unzählige Begriffe für Menschen, die über die Plattformen arbeiten: Freischaffende, Freiberufler, Freelancer, Plattform-Worker, Gig-Worker, Cloudworker oder Crowdworker.
Wichtig ist nicht so sehr, wie diese Arbeitskräfte genannt werden, sondern was sie von regulären Angestellten unterscheidet. Sie erbringen Leistungen für Auftraggebende meistens ohne Anstellungsverhältnis. Sie sind rechtlich darum anders gestellt.
Fest angestellte Arbeitskräfte mit einem Arbeitsvertrag profitieren von einem umfassenden sozialen Schutz:
Selbständige hingegen sind auf sich selbst gestellt und müssen sich selbst um ihren Versicherungsschutz und ihre Vorsorge kümmern.
Sind Gig-Worker selbständig oder besteht ein Anstellungsverhältnis? Das ist oft schwierig zu beantworten. Es hängt von der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses und den Abhängigkeiten ab.
Eine gewisse Klärung dieser Frage hat ein Urteil des Bundesgerichts im Fall des Plattform-Unternehmens Uber gebracht: Uber-Fahrer*innen und Uber-Eats-Kurier*innen sind Angestellte. Welche Auswirkung dies auf andere Plattform-Worker haben wird, wird sich zeigen müssen.
Die EU hat den Handlungsbedarf erkannt bezüglich des Schutzes der Menschen, die über digitale Plattformen arbeiten. Sie hat deren soziale Rechte verbessert. Dazu hat die EU eine Richtlinie verabschiedet. Diese stellt sicher, dass Plattform-Worker einen rechtmässigen Beschäftigungsstatus erhalten.
Plattform-Anbieter kümmern sich auch selbst um faire Arbeitsbedingen. Viele orientieren an den fünf Prinzipien der Fairwork Foundation für faire Arbeit:
Nur in der Schweiz tut sich nichts. Die Plattform-Ökonomie ist nicht reguliert – und der Bundesrat sieht keinen Bedarf dafür.
Die Untätigkeit des Bundes setzt die Plattform-Worker allen Risiken der Selbständigerwerbenden aus. Sind sie freiwillig und gerne selbständig, ist dies kein Problem.
Sind Erwerbstätige hingegen nur scheinselbstständig, dann fallen sie zwischen Stuhl und Bank. Scheinselbständige werden dazu gedrängt, als Selbstständige aufzutreten, sind tatsächlich aber abhängige Beschäftigte. Dies bringt ihnen nur Nachteile. Sie können über ihre Arbeit nicht frei bestimmen und geniessen kaum sozialen Schutz.
In unserem Land muss sich hinsichtlich der Regulierung der Plattform-Arbeit dringend etwas bewegen. Der Schutz von Selbständigerwerbenden ist auszubauen, vor allem hinsichtlich des Lohnausfalls und der Sozialversicherungen. Dazu könnte man zum Beispiel einen Status «Erwerbstätige*r» schaffen, der für Angestellte wie für Selbständige gilt.
Eine weitere Möglichkeit wäre, für die Plattform-Ökonomie Gesamtarbeitsverträge zu schaffen. Eine gute Vorlage dafür ist der GAV Personalverleih der Temporärbranche.
Die Schweizer Wirtschaft ist immer mehr auf Gig-Worker angewiesen. Behandeln wir sie anständig – schützen wir sie!