Die Schweizer Stahlindustrie ist ein Eckpfeiler der Kreislaufwirtschaft und produziert hochwertigen, CO2-armen Recycling-Stahl. Dieser sogenannte «grüne Stahl» ist für den ökosozialen Umbau der europäischen Industrie, insbesondere im Automobilsektor, von grosser Bedeutung. Nun droht dieser nachhaltigen Produktion Ungemach: Die Europäische Union hat ihre Schutzzölle gegen Stahlimporte drastisch verschärft. Das bestehende zollfreie Kontingent für Stahlimporte wird halbiert und der Zoll auf 50 Prozent verdoppelt.
Damit reagiert die EU auf sich zuspitzende Handelskonflikte im Zuge globaler Überkapazitäten. Diese Massnahmen treffen auch die Unternehmen der Schweizer Stahlindustrie hart, obwohl sie Teil der europäischen Stahlindustrie und europäischen Wertschöpfungsketten integriert ist. So gehört Stahl Gerlafingen zur italienischen Beltrame Gruppe und Swiss Steel unterhält auch Standorte in mehreren EU-Staaten. Für hochwertigen und mit deutlich geringerem CO2-Ausstoss produzierten Schweizer Spezialstahl wird mit den neuen Massnahmen der Marktzugang massiv erschwert. Das gefährdet etablierte Lieferketten und Arbeitsplätze in der Schweiz.
Ein Bekenntnis zum Werkplatz, das jetzt gelten muss
Dank dem unermüdlichen Einsatz der Stahlarbeiter:innen hat sich die Schweizer Politik in den letzten Monaten wiederholt zur Rettung der heimischen Stahlwerke und zum Erhalt des Werkplatzes Schweiz bekannt. Dieser politische Wille muss nun auch auf internationaler Ebene konsequent umgesetzt werden. Die Gewerkschaften und Arbeitnehmerorganisationen fordern von den Bundesbehörden, sich mit allem Nachdruck für einen ungehinderten EU-Marktzugang einzusetzen. Ob dies über eine Ausnahme für die Schweiz oder über länderspezifische Kontingente geschieht, ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass eine Lösung gefunden wird, die der besonderen Rolle der Schweizer Stahlindustrie als nachhaltigem Produzenten gerecht wird.
Versorgungssicherheit und Kreislaufwirtschaft nicht gefährden
Die Schweizer Stahlindustrie ist für die Kreislaufwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Die Werke in Gerlafingen (SO) und Emmenbrücke (LU) verarbeiten jährlich rund 1,5 Millionen Tonnen Stahlschrott und führen diesen wertvollen Rohstoff neuer Verwendung zu. Eine Schwächung dieser Industrie durch ungerechtfertigte Handelshemmnisse untergräbt nicht nur die Versorgungssicherheit der Schweiz, sondern auch die schweizerischen und die gemeinsamen europäischen Klimaziele.
Das Problem ist nicht neu. Bereits seit 2018 erschwert die EU den Zugang zu ihrem Markt für Schweizer Stahl. Der Bundesrat hat in der Vergangenheit mehrfach interveniert. Angesichts der nun drastisch verschärften Lage muss dieser Einsatz erneuert und verstärkt werden.
Auch im Binnenmarkt soll durch sinnvolle soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien, insbesondere im öffentlichen Beschaffungswesen, sichergestellt werden, dass faire Regeln für umwelt- und sozialverträgliche heimische Produktion gelten. So insbesondere durch die Berücksichtigung von Kriterien wie CO2-Emissionen, Kreislauffähigkeit und Einbindung in lokale und regionale Wertschöpfungsketten.
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