Kündigung bei Krankheit: Das steckt dahinter
Im Frühsommer kursierte die Meldung in den Schweizer News „Das Bundesgericht entscheidet: Auch bei Krankheit ist Kündigung durch den Arbeitgeber möglich“. Konkret handelt es sich dabei um einen krankgeschriebenen Berufsoffizier, der von seiner Arbeitgeberin vor Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist entlassen wurde. Diese Meldung führte bei vielen Angestellten zur Verunsicherung.
Arbeitsplatzspezifische Arbeitsunfähigkeit
Dieser Bundesgerichtsentscheid bezieht sich auf eine spezifische Konstellation: die arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit. «Die arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit» bedeutet, dass der Mitarbeitende ausserhalb des konkreten Arbeitsplatzes arbeitsfähig ist.
Aus Sicht des Bundesgerichts gibt es deshalb keinen Grund, den Mitarbeitenden vor einer Kündigung zu schützen. Er könnte sich ja auch bewerben und an einem anderen Ort angestellt werden.
Wenig Grund zur Sorge
Was heisst das jetzt konkret, fragen sich viele Angestellte. Kann mir nun einfacher gekündigt werden?
In den meisten Fällen bleibt der Kündigungsschutz bei Krankheit bestehen. Auch bei Mobbing, Burn-Out etc. sind Mitarbeitende oft über den Arbeitsplatz hinaus arbeitsunfähig (zumindest in einer ersten Phase).
Der Arbeitgeber, der die Sperrfrist nicht gewähren will, muss zugeben, dass die Arbeitsunfähigkeit arbeitsplatzbezogen ist – und damit, dass der spezifische Arbeitsplatz in seinem Unternehmen problematisch ist. Dies könnte eine gewisse Hürde für den Arbeitgeber darstellen. Zumal er dadurch das Risiko erhöht, dass Versicherungen ihn in die Pflicht nehmen und Regressansprüche, das heisst Schadensersatz, fordern.
Mögliche Hürden
Für Arbeitnehmende scheint der Entscheid zunächst weniger einschneidend als erwartet. Dennoch kann es ein paar Hürden geben:
- Für Ärzt*innen wird die Beurteilung schwierig sein, wie es dem*r Patienten*in bei einer rein hypothetischen anderen Arbeitsstelle gehen würde. Rechtsunsicherheit könnte es insbesondere bei leichten depressiven Symptomen sowie bei Verbesserung einer depressiven Symptomatik geben.
- Ebenso könnte ein erhöhtes Risiko bestehen, dass dich die Krankentaggeldversicherung "gesundschreibt".
- Gibt es einen Bruch im Datenschutz? Eine rein logische Folge des Entscheids wäre, dass der*die Arbeitgeber*in etwas mehr über die Ursache der Arbeitsunfähigkeit erfahren darf als die reine Einordnung in den Bereich Unfall-Krankheit.
«Es gibt ein Rest-Risiko, dass dieser Entscheid auch zukünftig Folgen hat. Das Bundesgericht weicht vom Wortlaut des Gesetzes ab und setzt auf die Fähigkeit, sich zu bewerben und angestellt zu werden statt auf die Arbeitsfähigkeit. Dies könnte auf weitere Gebiete Auswirkungen haben – was zu aktuellem Zeitpunkt aber nicht abschliessend zu beurteilen ist. »
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Autor*in
Tanja Tanneberger
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