Alt im Job – Perspektiven
Während Arbeitgeber davor zurückschrecken, ältere Mitarbeiter*innen aufgrund von häufigeren Krankheitsausfällen, hohen Lohnerwartungen oder ihrer angeblichen Zurückhaltung gegenüber Technologien einzustellen, sieht sich diese Generation manchmal mit Ablehnung und Ausgrenzung konfrontiert. Nichtsdestotrotz ist die Erfahrung der Älteren begehrt und es wird bedauert, wenn man in den Ruhestand geht. So bleibt die Integration älterer Menschen in den Arbeitsmarkt ein schwieriges Thema, auch für die Personalabteilungen.
Angestellte über 55 verfügen über viele Stärken: mit jahrzehntelangem Wissen im Gepäck fungieren sie oft als Mentoren für ihre jüngeren Kollegen. Der Abstand, über den sie verfügen, wird in Krisensituationen zu einer wertvollen Ressource. Die Vielfalt der Generationen ist ebenfalls eine Bereicherung für die Teams.
Im Gegenzug zeigen die Statistiken eine höhere Fehlzeitenquote in dieser Altersgruppe, was zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung und organisatorischen Herausforderungen für die Arbeitgeber führt. Höhere Kosten für Lohn und Vorsorge sind ebenfalls eine Realität. Darüber hinaus bleibt das Vorurteil bestehen, dass ältere Arbeitnehmer*innen weniger offen für neue Technologien und weniger bereit sind, sich weiterzubilden, was in Zeiten der Digitalisierung als Hindernis wahrgenommen wird.
So spiegelt eine Umfrage in mehr als 400 KMU in der Westschweiz diese Ambivalenzen wider: Im Grossen und Ganzen sind 78 % dieser Unternehmen bereit, Mitarbeiter*innen über 60 Jahre einzustellen (30 % ohne Vorbehalte und 48 % unter bestimmten Bedingungen). 27 % wären bereit, ihre Mitarbeiter*innen über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu behalten. Darüber hinaus sagen mehr als 50%, dass es schwierig ist, neue Mitarbeiter*innen zu finden, und dass sich das Problem in fünf Jahren noch verschärfen wird. Trotz dieser günstigen Vorankündigungen bleibt die tatsächliche Zahl der Angestellten über 60 Jahren in denselben Unternehmen gemischt.
Ganz konkret: Die Boxen leeren sich und die Älteren werden wieder zu einer interessanten Ressource. Es gibt natürlich immer noch eine Grauzone: Man hat gute Absichten, aber um neue Personen dieser Altersgruppe einzustellen, gibt es immer noch Ängste. Andererseits sehen wir einen echten Willen seitens der Unternehmen, die bereits vorhandenen, ihnen bereits bekannten Angestellte zu behalten. Mit den richtigen Massnahmen gelingt dies gut.
Welche Lösungen gibt es?
Das Programm «AvantAge» richtet die Organisation Mentoring-Programme ein, um die Integration von Senioren am Arbeitsplatz zu verbessern und den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit zu fördern, indem sie zwischen den Angestellten und den Personalabteilungen vermittelt und dann je nach den angesprochenen Bedürfnissen individuelle Lösungen anbietet (angepasste Pflichtenhefte oder Arbeitsprozente, Einrichtung von internen Schulungen usw.).
Das Programm setzt auch auf Prävention mit Seminaren, die z.B. dem individuellen Gesundheitsmanagement gewidmet sind. Natürlich hängen die Möglichkeiten für konkrete Massnahmen stark von der jeweiligen Branche ab. In Bereichen wie dem Baugewerbe kommt es aufgrund der körperlichen Belastung häufig zu Frühverrentungen. Die Dauer der Arbeitslosigkeit von Personen über 55 Jahren ist laut Statistik jedoch immer noch etwas kürzer als in den Vorjahren, was ermutigend ist.
Wie erleben die Betroffenen dies?
Generell ist die Befürchtung älterer Arbeitnehmer*innen, nicht ernst genommen zu werden, sich von Weiterbildungen ausgeschlossen zu fühlen oder sogar absichtlich nicht in Entscheidungen einbezogen zu werden. Dieses Verhalten kann bei ihnen den Eindruck erwecken, dass das Unternehmen sie loswerden will, obwohl ständig von einem Fachkräftemangel die Rede ist. Wenn sie von Kollegen und Vorgesetzten bewusst oder unbewusst ausgeschlossen werden, kann sich das erheblich auf ihr Selbstwertgefühl auswirken. Ganz zu schweigen davon, dass der bevorstehende Ruhestand manchmal zu einer finanziellen Unsicherheit führt. Paare, die es nicht gewohnt sind, zu Hause zusammen zu sein, müssen ein neues Gleichgewicht finden. Es geht darum, neue Interessen und Wünsche zu entwickeln.
Arbeiten nach der Pensionierung - eine Realität?
Seit 2024 ermöglicht es die Reform der AHV, die erste Säule zu erhöhen, wenn man nach der Pensionierung weiterarbeitet. Laut Constantino Serafini gibt es das Bedürfnis, einen oder zwei Tage pro Woche weiterzuarbeiten, von Personen, die nicht finanziell darauf angewiesen sind, aber einen Fuss in der Arbeitswelt behalten wollen. Ein 20 %-Job ist zum Beispiel ideal für eine Person im Ruhestand. Es gibt eine Nachfrage nach einem solchen Profil und Arbeitsvermittlungsagenturen, die sich ausschliesslich auf die Vermittlung von Senioren konzentrieren.
Was können schliesslich ältere Angestellten tun, wenn sie ihre Situation am Arbeitsplatz verbessern wollen?
- Suche den Dialog: Eine offene Diskussion mit den Vorgesetzten kann helfen, Missverständnisse auszuräumen und Anliegen klar zu kommunizieren.
- Weiterbildung: Durch die proaktive Entwicklung neuer Fähigkeiten, insbesondere im digitalen Bereich, können sie das Vorurteil bekämpfen, dass ältere Menschen weniger lernwillig sind.
- Vernetzung: Der Kontakt mit Kollegen und externen Spezialisten kann neue Perspektiven und Möglichkeiten eröffnen.
- Unterstützung suchen: Die Beratung durch Gewerkschaften oder Verbände wie Angestellte Schweiz kann dabei helfen, rechtliche und strategische Optionen zu diskutieren.
So ist der Ausschluss von älteren Menschen aus dem Arbeitsleben ein komplexes Thema. Es erfordert Kommunikation von beiden Seiten, um Herausforderungen zu meistern und die Vorteile, die Senioren mit sich bringen, optimal zu nutzen.
*Quelle: https://www.programme-avantage.ch/wp-content/uploads/2024/06/SENIORS-TRAVAIL-26.06.2024-web.pdf
Angestellte Schweiz bietet ein breites Angebot an Weiterbildungen zu Arbeitstechniken, digitalem Wandel oder rechtlichen Themen an.
Erfahre mehr
Autor*in
Laure Fasel
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