Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben
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Laut der letzten Schweizer Familien- und Generationenumfrage haben sich 25% der Paare, die vor weniger als fünf Jahren gebildet wurden, online kennengelernt und 20% am Arbeitsplatz. Diese Zahlen sind in einer hypervernetzten Gesellschaft, in der die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben verschwimmen, nicht überraschend.
Soziologische Studien führen die Häufigkeit des Auftretens auch auf die Feminisierung des Arbeitsmarktes zurück, sowie auf die Investitionen der Unternehmen, die Büros in einen angenehmen Lebensraum zu verwandeln: open Spaces, Freizeitangebote oder teambildende Veranstaltungen fördern den Austausch.
Auf den ersten Blick wirkt es verbindend, wenn man mit seiner*m Lebenspartner*in im gleichen Berufsfeld arbeitet: Es gibt engere Verbindungen durch gemeinsame Interessen, Werte oder Projekte. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um ein mitbestimmtes Familienunternehmen handelt.
Laut Jan Borer, BSc. Angewandte Psychologie, sind bestimmte Berufsgruppen für dieses Phänomen besser geeignet als andere: In Funktionen, die einen besonderen Lebensstil oder unregelmässige Arbeitszeiten mit sich bringen, kann die Zusammenarbeit die Organisation innerhalb des Paares und das gegenseitige Verständnis erleichtern. In der Gastronomie, in Krankenhäusern oder auch beim Militär ist es üblich, dass sich Paare bilden.
Eine kürzlich durchgeführte Studie von RTS (Rundfunkt und Fernsehen in der Romandie) zeigt jedoch, dass bei Paaren, die zusammenarbeiten, eine*r der Partner*in häufig das Unternehmen wechselt. Das Szenario ist also nicht gerade rosig, insbesondere wenn die «sonntäglichen Ehestreitigkeiten» sich auf die Arbeitsatmosphäre am Montagmorgen auswirken. Andersherum, wenn Probleme am Arbeitsplatz zu Hause diskutiert werden, wird es schwieriger, klare Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem zu ziehen. Dies kann den Stresszustand beeinflussen. Diese Risiken müssen jedoch je nach Kontext relativiert werden:
«Die Funktion oder Grösse des Unternehmens hat einen grossen Einfluss. Man kann denselben Arbeitgeber haben, aber völlig unterschiedliche Berufe in verschiedenen Sektoren ausüben. Es ist nicht dasselbe wie in kleinen Teams oder wenn man sich das gleiche Büro teilt. Daher müssen die möglichen Schwierigkeiten von Fall zu Fall beurteilt werden.»
Zu den am schwierigsten zu bewältigenden Herausforderungen gehören interhierarchische Beziehungen zwischen den Partnern, unterschiedliche Dienstalter, Beförderungen oder Trennungen. Letztere können sich auch auf die Teams auswirken, mit Vorwürfen der Günstlingswirtschaft, Klatsch und Tratsch... oder dem Risiko, dass sich Clans bilden, wenn es nach einer Trennung zu Missverständnissen kommt.
Das Schweizer Gesetz behandelt die Frage nicht speziell und das Thema bleibt komplex. Der Grundsatz ist die Achtung des Privatlebens der Mitarbeiter*innen, d.h. die Freiheit, Liebesbeziehungen unter Kollegen zu unterhalten, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen werden zu müssen. Einige interne Regelungen können jedoch besondere Bestimmungen vorsehen, wie z.B. eine Meldepflicht.
«Diese Ausnahmen dienen in erster Linie dazu, Interessenkonflikte oder Konflikte überhaupt zu vermeiden, insbesondere bei der Ausführung der Arbeit oder aufgrund von hierarchischen Beziehungen. In diesem Fall kann sowohl eine Meldepflicht als auch ein Verbot von Beziehungen für bestimmte Funktionen in Betracht gezogen werden.»
Diese Richtlinien sind am häufigsten in stark regulierten Sektoren wie Banken oder Wirtschaftsprüfung anzutreffen. Einige Unternehmen sehen auch Stellenversetzungen vor, um die interhierarchischen Beziehungen zwischen den Mitgliedern eines Paares aufzulösen. Dies ist zulässig, wenn eine gleichwertige Stelle angeboten wird.
Darüber hinaus, so Pierre Derivaz, «ist der Arbeitgeber verpflichtet, Massnahmen gegen sexuelle Diskriminierung und sexuelle Belästigung bzw. für die Gleichstellung zu ergreifen. Wenn man an eine glückliche und stabile Beziehung denkt, ist alles einfach. Aber die Rechtsprechung liefert uns Beispiele von Fällen, in denen Probleme oder Gewalttätigkeiten nach der Trennung beginnen. Diese Situationen zeigen, wie komplex die Abgrenzung zwischen privatem und beruflichem Bereich ist und wie weit die Verantwortung des Arbeitgebers geht.»
Liebesbeziehungen in Unternehmen werden immer häufiger, aber sie bieten sowohl Vorteile als auch Herausforderungen, insbesondere in Arbeitsumgebungen, in denen die Grenzen zwischen privat und öffentlich verschwimmen. Ihre Auswirkungen hängen weitgehend vom organisatorischen Kontext und den internen Richtlinien ab, werfen aber dennoch ethische und rechtliche Fragen über den Umgang mit solchen Situationen im beruflichen Umfeld auf. Wie bei menschlichen Beziehungen im Allgemeinen sind Transparenz und ein klarer Umgang mit den Grenzen von entscheidender Bedeutung.