Diversität und Inklusion im Betrieb

Diversität und Inklusion – zwei Themen, die Teil unseres Alltags sind, aber noch immer intensiv diskutiert werden. Wie integrieren Unternehmen das Thema in ihre Praxis? Wir geben euch einen Einblick.

News zum Thema Diversity & Inclusion in Unternehmen sind momentan sozusagen «divers». Während McKinsey im März 2024 in ihrer Studie «Diversity matters even more» hervorhebt, dass eine Vielfalt in den Führungsteams zu höheren finanziellen Erträgen führe, liest man in der Tagespresse, dass ein Sparkurs in einigen Schweizer Unternehmen insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeit und Diversity Einzug hält. Dies mit dem Argument, Diversität sei heute in den Prozessen international agierender Schweizer Firmen, wie z.B. UBS, integriert, da brauche es keine speziellen Kräfte mehr, schreibt die NZZ.*

Abgesehen von der Diskussion über die Profitabilität von Diversity Management haben wir von Angestellte Schweiz gefragt, wie Unternehmen das Thema Diversität und Inklusion konkret in der Praxis umsetzen und was Organisationen, wie auch Arbeitnehmervertretungen, als best practices mitnehmen können – insbesondere solche, die kein offizielles Diversity & Inclusion Management bei sich implementiert haben.

Wir ordnen die Begriffe Diversität und Inklusion nochmals konkret ein und geben euch ein Umsetzungsbeispiel aus der Wirtschaft.

«Diversität» und «Inklusion» kurz erklärt

Zwei Begriffe und Fachgebiete, die sich auf die Förderung einer vielfältigen und inklusiven Gesellschaft, Organisation oder Arbeitsplatzumgebung beziehen. 

Sie sind stark miteinander verbunden, aber sie haben unterschiedliche Bedeutungen. In unserem Glossar findest du mehr Informationen dazu. 

Erfahre mehr zu Diversität und Inklusion

Beispiel ABB

Wie wird das Thema in Schweizer Unternehmen umgesetzt? Angestellte Schweiz hat Vera Keller, HR Business Partner & HR Project Lead bei der ABB zu ihrer Tätigkeit als Diversity & Inclusion Managerin befragt und erfahren, wie vielfältig die Einführung des Themas in einer Unternehmung sein kann.

Vera Keller informiert: «Zunächst einmal ist es wichtig, die beiden Begriffe Diversität und Inklusion zusammenzubringen: Divers sind wir per se sowieso. Jede*r von uns hat beispielsweise verschiedene Lebenserfahrungen, Talente oder eine andere Herkunft. Wichtiger ist eigentlich die Inklusion. Wir können noch so divers sein, aber wenn wir nicht aufgeschlossen, tolerant und wertschätzend sind, nützt alles nichts.

Bei ABB ist das Thema Diversity & Inclusion mit einer Vision, Strategie und verschiedenen Massnahmen eingeführt worden und baut konzernweit auf drei Säulen auf. Die drei Säulen beinhalten integrative Kultur und Führung, Governance und Partnerschaften

«Divers sind wir per se sowieso. Jede*r von uns hat beispielsweise verschiedene Lebenserfahrungen, Talente oder eine andere Herkunft. Wichtiger ist eigentlich die Inklusion.»

Vera Keller HR Business Partner & HR Project Lead bei der ABB

«Im Bereich von «Kultur und Führung» ist das Ziel von ABB, Diversity und Inclusion in den Arbeitsalltag von Führungskräften und Mitarbeitenden zu integrieren. Es gibt verschiedene Initiativen und Mentoring Programme, die wir anbieten, so beispielweise können langjährige Mitarbeitende für eine gewisse Zeit in einem Startup arbeiten. Dies ändert den Blick auf das eigene Unternehmen. Es gibt auch Praktikumsstellen für geflüchtete Personen, um ihnen einen Hochschulzugang zu ermöglichen. Des Weiteren bieten wir Weiterbildungskurse zum Thema «Vorurteile durchbrechen» an.

Zum Bereich «Governance» zählen Prozesse, Richtlinien und Tools, die ein Umfeld fördern, in dem Diversität, Inklusion und Gleichberechtigung gelebt werden. Dazu gehört z.B. die genderneutrale Elternzeit, ein Leitfaden für eine inklusive Sprache oder ABB’s Zertifizierung mit dem Swiss LGBTI-Label.* Dem Label geht ein umfangreicher Assessmentprozess voraus, bei dem das Unternehmen darlegen muss, wie es sich für die Gleichberechtigung von LGBTI-Personen innerhalb des Betriebs einsetzt.

Bei den «Partnerschaften» geht es um interne und externe Partnerschaften, wie z.B. die verschiedenen Mitarbeitenden-Netzwerke, die Kooperation mit ABB Deutschland zur Unterstützung der Winterspiele der Special Olympics oder das Engagement in der Berufsausbildung.»

Traditionell sozial  

Vera Keller weist auch darauf hin, dass bei ABB in der Schweiz schon seit langer Zeit soziale Kriterien und die Fürsorge dem Mitarbeitenden gegenüber wichtig sind: 

«Bereits zu Zeiten der Gründungsfirma, der Schweizer Brown, Boveri & Cie (BBC), waren wir sehr sozial engagiert und haben schon früh Kinderkrippen, eine Sozialberatung oder die Wohlfahrtsstiftung gegründet.

Ganz wichtig für uns ist es, im Unternehmen das Bewusstsein zu schaffen, dass wir alle divers sind. Wir stellen die individuellen Stärken jeder*s Einzelnen in den Mittelpunkt und wollen die Vielfalt in einem inklusiven Umfeld gezielt nutzen.»

Was sind nun Best Practices?

Am Beispiel ABB zeigt sich, dass Diversity & Inclusion Management auf vielen Ebenen implementiert werden muss, um zu greifen. Wie lassen sich Diversity-Themen in Unternehmen umsetzen, die bisher kein Diversity Management implementiert haben?

Es lassen sich hier einige Best Practices ableiten, die für andere Organisationen oder aber für Arbeitnehmervertreter*innen nützlich sein könnten:

Inklusive Kultur verankern

Diversität und Inklusion sollten in der Unternehmenskultur und im Führungsalltag integriert werden. Schafft eine Unternehmenskultur, die soziale Verantwortung priorisiert und Mitarbeitenden Unterstützung bietet und in der mit Diversität und Inklusion offen umgegangen wird.

Mentoring-Programme und Schulungen helfen, Vorurteile zu überwinden. Ebenso hilft eine Perspektivenerweiterung: Mitarbeitende können durch z.B. Job-Rotationen in andere Arbeitsumfelder gebracht werden, um neue Sichtweisen zu gewinnen.

Hilfe von Verbänden & Zertifizierungen

Information und Hilfe gibt die externe Zertifizierungsstelle Swiss LGBTI. Das Swiss LGBTI-Label hilft eurer Organisation, intern klare Inhalte und Prozesse zu definieren, um ein Diversity & Inclusion Management zu implementieren oder zu verbessern. Mehr zum Swiss LGBTI-Label unter: Mehr Talente, mehr Innovation, mehr Erfolg - Swiss LGBTI-Label.

Swiss LGBTI setzt sich dafür ein, dass Organisationen ein ganzheitliches Diversity & Inclusion Management (DIM) betreiben können. Darum ist das Angebot auch für kleine und mittlere Unternehmen abgestimmt.

Fazit

Diversität und Inklusion sind nicht nur Schlagworte, sondern grundlegende Prinzipien, die das Miteinander in unserer Gesellschaft nachhaltig prägen. Der Weg zu einer vielfältigen und inklusiven Gemeinschaft erfordert kontinuierliches Engagement, Offenheit und den Mut, alte Strukturen zu hinterfragen.

 

*NZZ am Sonntag vom 25.8.2024

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