Wohlbefinden am Arbeitsplatz: das skandinavische Rezept

Da uns das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben besonders am Herzen liegt, liefern wir dir in diesem Artikel einige nordische Inspirationen zu dem Thema.

Im Winter beeinflusst der Lichtmangel deine Stimmung negativ? Wusstest du, dass die skandinavischen Länder laut den Vereinten Nationen jedes Jahr zu den glücklichsten Nationen der Welt gehören? Und dies, obwohl ihre Winter lang und dunkel sind. Ein Rätsel? Tatsächlich – eines das fasziniert und zum Nachdenken darüber anregt, wie Kultur, soziale Werte und Arbeitspraktiken das tägliche Wohlbefinden beeinflussen.

Bei diesem Winterwetter laden wir dich ein, die Besonderheiten der nordeuropäischen Modelle und die nordische Mentalität zu entdecken.

 

Das Kollektiv vor dem Individuum

In Skandinavien sind die Kultur der Gleichheit und der Respekt für das Kollektiv tief verwurzelt. Das Konzept des «janteloven» (Gesetz des Jante) stammt aus der skandinavischen Literatur und spiegelt weitgehend die nordische Mentalität wider. Es plädiert für Bescheidenheit und dafür, die Gruppe über das Individuum zu stellen.

Diese Philosophie prägt die Art und Weise, wie Unternehmen und ihre Beschäftigten miteinander umgehen, und schafft Umgebungen, in denen sich jede*r respektiert und wertgeschätzt fühlt. Die Hierarchie am Arbeitsplatz ist oft flach, was weniger formelle und mehr kollaborative Beziehungen zwischen Manager*innen und Mitarbeitenden fördert. Dieses Modell begünstigt den Austausch von Ideen, unabhängig vom Status und stellt die Gleichbehandlung an die erste Stelle. In Norwegen zum Beispiel gehören die Lohnunterschiede zu den geringsten der Welt. Diese politische und soziale Entscheidung fördert ein Klima des Vertrauens, in dem sich jede*r unterstützt und gerecht behandelt fühlt.

 

Flexibilität und Vertrauen

Die nordischen Länder pflegen einen pragmatischen Arbeitsansatz, in dessen Mittelpunkt die Flexibilität steht. Während in anderen Kulturen lange Anwesenheitszeiten im Büro gleichbedeutend mit Engagement sind, legen die Nordländer*innen Wert auf eine optimierte Produktivität und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen beruflicher Investition und Privatleben. Die Arbeitszeiten sind oft anpassbar und lange Arbeitstage sind nicht üblich. In Schweden wird das Konzept «lagom» - was so viel wie «gerade genug» bedeutet - im Alltag umgesetzt: nicht zu viel und nicht zu wenig. Dieses Prinzip fördert einen Arbeitsrhythmus, der nachhaltig und mit persönlichen Verpflichtungen vereinbar ist.

Auch remote work ist weit verbreitet und wird durch eine solide digitale Infrastruktur und eine Kultur des Vertrauens unterstützt. Nordische Manager*innen praktizieren häufig eine auf Autonomie basierende Führung. Dieser Ansatz ist weit entfernt von Mikromanagement und schätzt Ergebnisse höher ein als die Stunden, die mit Arbeit verbracht werden.

 

Eine umfassende soziale Sicherheit

Das Wohlbefinden am Arbeitsplatz kann nicht von der Sozialpolitik dieser Länder getrennt werden. Die nordischen Bürger*innen profitieren von einem starken Wohlfahrtsstaat, der ihnen ein Sicherheitsnetz für die Wechselfälle des Lebens garantiert. Dies ist nur durch einen hohen Steuersatz möglich, der im Allgemeinen gut akzeptiert wird, da die Steuerinvestitionen der breiten Masse zugutekommen.

Der Elternurlaub zum Beispiel gehört zu den längsten und fairsten der Welt und ermöglicht es beiden Elternteilen, sich voll an der Erziehung ihrer Kinder zu beteiligen. Ausserdem sind Krankentage bezahlt und leicht zugänglich, wodurch der Stress, der mit prekären Gesundheitsbedingungen verbunden ist, verringert wird.

In Skandinavien gibt es für alle eine hochwertigen Gesundheitsversorgung und kostenlose Bildung. Diese soziale Sicherheit verringert den Stress, sich darum kümmern zu müssen und ermöglicht es den Beschäftigten, sich voll und ganz auf ihre Arbeit und ihre persönliche Entwicklung zu konzentrieren.

 

Die Umwelt und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz

Die kühlen Temperaturen laden die Skandinavier*innen dazu ein, auf ihre Innen-Einrichtung zu achten, nicht nur in der Wohnung, sondern auch am Arbeitsplatz. Jenseits der Klischees aus dem Ikea-Katalog werden in der Büroarchitektur natürliche Materialien, sanfte Farben und viel Licht bevorzugt, um den Auswirkungen der langen Dunkelperiode im Winter entgegenzuwirken.

Zum Wohlfühlen gehören auch Rituale wie die «fika» in Schweden - eine Kaffeepause, in der die Angestellten zusammenkommen, um sich entspannt zu unterhalten. «Fika» ist extrem verbreitet und wird in die tägliche Arbeitsroutine integriert. Diese informellen Momente bei einem Gebäckstück stärken die Beziehungen zwischen den Kolleg*innen und verbessern den Zusammenhalt innerhalb der Teams, wodurch die Produktivität gesteigert werden kann.

Schliesslich ist die Nähe zur Natur von entscheidender Bedeutung. Regelmässige körperliche Aktivität im Freien fördert das psychologische Gleichgewicht. Trotz der manchmal extremen klimatischen Bedingungen pflegen die Nordländer*innen eine starke Verbindung zu ihrer Umwelt. Sie folgen einer Philosophie, die «friluftsliv» genannt wird, was so viel wie «Leben im Freien» bedeutet, und geniessen ihre weiten Landschaften auch im Winter. In Schweden zum Beispiel ist das Recht auf Natur in der Verfassung verankert, und Naturgebiete dürfen nicht privatisiert werden.

 

Schlussfolgerung

Das nordische Modell bietet interessante und inspirierende Erkenntnisse, auch wenn es nicht eins-zu-eins übertragen werden kann. Abgesehen von dem idealisierten Bild, das wir hier zeichnen, erinnern uns diese Prinzipien daran, dass kollektive Entscheidungen und geteilte Werte die Arbeitserfahrung positiv verändern können.

Das bedeutet konkret: Das Gleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben fördern, Ungleichheiten abbauen und eine Kultur des Vertrauens aufbauen.

Und jetzt, da die Feiertage vor der Tür stehen, solltest du die Gelegenheit nutzen, um mit deinen Kolleg*innen eine «fika» zu geniessen!

Autor*in

Laure Fasel

Laure Fasel

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