Mutterschaftsversicherung: Ein langer Weg

Beim Thema Elternzeit hinkt die Schweiz ihren Nachbarländern hinterher. Eine Initiative will dies nun ändern. Doch wie kam es überhaupt zur heutigen Regelung?

Wer in der Schweiz Eltern wird, der hat Anrecht auf eine arbeitsfreie Zeit nach der Geburt: Die Mütter 14 Wochen, die Väter 2 Wochen. So ist die rechtliche Lage in unserem Land.

Eine überparteiliche abgestützte Familienzeit-Allianz bestehend aus alliance F, den Grünen Schweiz, der Grünliberalen Partei Schweiz, Travail.Suisse und den Mitte Frauen Schweiz mit unter anderem Unterstützung von SP Schweiz und EVP Schweiz hat im Frühjahr 2025 eine Initiative lanciert. Diese fordert 18 Monate Familienzeit für je Mütter und Väter.

Geschichte der Mutterschaftsversicherung

Grund genug, einen Blick auf die Geschichte der Mutterschaftsversicherung in der Schweiz zu werfen – der Weg dazu war nämlich lange und geprägt von politischen Widerständen.

Am 25. November 1945 wurde ein Verfassungsartikel zur Einführung der Mutterschaftsversicherung mit 76% Ja-Stimmen angenommen – damals konnten übrigens nur Männer abstimmen. Hinter der Verfassungsgrundlage steckte die Idee, eine einheitliche Regelung für Mütter im Wochenbett zu schaffen.

Doch wie diese Regelung aussehen sollte, darüber war man sich lange nicht einig: Es sollte fast 60 Jahre dauern, bis aus dieser Verfassungsgrundlage ein Gesetzt wurde. Immer wieder scheiterten Abstimmungen an der Urne. 1999 wurde die Einführung einer Mutterschaftsversicherung mit 61 % Nein-Stimmen abgelehnt.

Kanton Neuenburg in der Pionier-Rolle

2004 einigten sich die Parteien auf einen Kompromiss, der auch in der Bevölkerung auf Anklang fand. 55,4 % der Schweizer*innen nahmen die Vorlage an und am 1. Juli 2005 trat die gesetzlich geregelte Mutterschaftsversicherung in Kraft.

Immerhin, auf kantonaler Ebene gab es schon einige frühere Regelungen: So war der Kanton Neuenburg der 1. Kanton, der 1952 eine Regelung für Mütter nach der Geburt einführte. Die Kantone Waadt (1955), Fribourg (2001) und Genf (2001) folgten.

Errungenschaften der Mutterschaftsversicherung

Die Einführung der Mutterschaftsversicherung bringt Müttern und Familien Vorteile:

  1. Finanzielle Sicherheit: Die Mutterschaftsversicherung bietet finanzielle Stabilität, was das Armutsrisiko von Familien verkleinert. Bevor es eine einheitliche Regelung gab, waren Mütter und Familien auf freiwillige Leistungen der Arbeitgeber*innen angewiesen.
  2. Zeit nach der Geburt: Frauen können sich nach der Geburt um ihr Baby kümmern, ohne arbeiten zu müssen.
  3. Sicherheit: Während der Mutterschaftspause besteht ein Kündigungsschutz für die Mutter.
  4. Umdenken: Die Anerkennung der Mutterschaft als schutzbedürftige Lebensphase hat zu einer grösseren Sensibilisierung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geführt.

Schweiz im Verzug  

Trotz den positiven Errungenschaften der Mutterschaftsversicherung bleibt zu bemerken, dass die Schweiz im Vergleich mit den europäischen Nachbarländern das Schlusslicht bildet. In den meisten europäischen Ländern beginnt der Mutterschutz schon 1 bis 2 Monate vor der Geburt. In der Schweiz wird hingegen bis zur Geburt gearbeitet, ausser die Schwangere wird durch ein ärztliches Zeugnis freigestellt.

Kurz & knapp: Die Mutterschaftsversicherung in der Schweiz

Finanzielle Unterstützung

  • 80% des durchschnittlichen Erwerbseinkommens für 14 Wochen (98 Tage) nach der Geburt

Dauer

  • Gesetzlich vorgeschriebener Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen

Arbeitsrechtlicher Schutz

  • Kündigungsschutz während der gesamten Schwangerschaft und bis 16 Wochen nach der Geburt
  • Arbeitsverbot während 8 Wochen nach der Geburt

Väter haben wenig Baby-Pause

In anderen europäischen Ländern kann nach der Geburt eines Kindes auch von Vätern eine Elternzeit bezogen werden. Aktuell haben Väter in der Schweiz zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Und dies erst seit 2021. Zuvor hatten Väter nach der Geburt ihres Kindes je nach Branche und Unternehmen 1 bis 2 bezahlte Urlaubstage zugute.

Die Debatte über eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs und eine umfassendere Elternzeit ist daher weiterhin aktuell.

Autor*in

Manuela Donati

Manuela Donati

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