Bestechung am Arbeitsplatz

Ab wann ist eine Einladung oder ein Geschenk Bestechung?

Ich bin Leiter eines grossen IT-Projekts in einem Dienstleistungsunternehmen. Ein wichtiger Lieferant hat mich zu einem Seminar über ein neues Produkt in die Toskana eingeladen. Dieses findet freitags statt, die Seminarteilnehmenden dürfen aber auf Kosten des Unternehmens bis Sonntag bleiben.

Wir würden auf einem renommierten Weingut gediegen logieren und dinieren. Zum Abschied wird zudem eine Holzkiste des Spitzengewächses des Guts versprochen.

Ich wäre sehr interessiert, etwas über das neue Produkt zu erfahren. Die Luxusunterbringung und das Weingeschenk finde ich jedoch masslos übertrieben. Das grenzt schon fast an Bestechung.

Darf ich ein solches Angebot überhaupt annehmen? Da wir ein junges Unternehmen sind, gibt es intern diesbezüglich leider keine Regelung.

Lukas T.

 

Lukas hat beim Angebot des Lieferanten zu Recht ein ungutes Gefühl. Will ihm das Unternehmen einfach das neue Produkt vorstellen oder will es ihn subtil bestechen?

Arbeitsrecht regelt nichts

Das Arbeitsrecht regelt Geschenke und Einladungen nicht. Es definiert auch keinen eindeutigen Geldbetrag, was Angestellte wertmässig als Geschenk entgegennehmen dürfen.

Kann Lukas also getrost ins Toskana-Wochenende fahren?

Verletzung der Treuepflicht

Natürlich nicht! Lukas hat nämlich gegenüber seinem Arbeitgeber eine Treuepflicht. Diese verbietet die Annahme von Schmiergeldern, wobei es egal ist, ob die Interessen des Arbeitgebers dadurch tatsächlich geschädigt oder gefährdet werden.

In diesem Zusammenhang können sich Einladungen und Geschenke als problematisch erweisen. Gerade wenn, wie in Lukas’ Fall, die schiere Dimension des Geschenks sehr gross ist.

Bei Privatbestechung bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe

Auch das Strafrecht ist zu beachten. Nimmt Lukas das Angebot an, könnte ihm das als Privatbestechung ausgelegt werden. Lukas riskiert eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Freiheitsentzug.

Bestraft werden kann übrigens nicht nur eine bestochene Person, sondern auch die bestechende Person oder Organisation. Unternehmen müssen ihre Werbeveranstaltungen also umsichtig ausgestalten.

Vorsicht bei mehr als 100 Franken

Dass Lukas einer Einladung inklusive eines Geschenks im Wert von Hunderten von Franken skeptisch begegnet, spricht für seinen moralischen Kompass. Aber wo liegt denn nun die Grenze?

Um das herauszufinden, können Angestellte sich einerseits daran orientieren, was in der Branche üblich ist, andererseits können sie ihren gesunden Menschenverstand walten lassen.

Eine grobe Richtgrösse sind meistens 100 Franken. Bei einem Kugelschreiber oder einer Schachtel Pralinen darfst du bedenkenlos zugreifen. Bei der Kiste Wein hingegen kann es heikel werden. Lehne lieber ein Angebot zu viel als zu wenig ab!

Interne Regelung schafft Klarheit

Dem Unternehmen von Lukas ist dringend zu empfehlen, in einem Reglement klar festzuzuhalten, bis zu welchem Betrag oder Gegenwert Geschenke und Einladungen entgegengenommen werden dürfen. Dies ist in vielen Betrieben der Fall und Angestellte können sich daran orientieren.

Weil bei Lukas kein entsprechendes Reglement existiert, ist er gut beraten, dann Fall mit seinem Arbeitgeber zu besprechen. Da er die Präsentation des neuen Produkts gerne besuchen würde, ist sein Arbeitgeber vielleicht bereit, ihm die Hin- und Rückreise in die Toskana sowie ein Hotel zu bezahlen. Damit wäre alles sauber und transparent.

Autor*in

Legal Counseling

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