Alt im Job – Perspektiven
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40 % der Unternehmen in der Schweiz haben Mühe, offene Stellen zu besetzen. 13% gelingt es gar nicht. 22% besetzen sie, müssen bei den Anforderungen aber Abstriche machen. Dies hat die UBS in einer Umfrage bei 2500 Unternehmen herausgefunden. Sie bestätigt erneut, dass der Fachkräftemangel akut ist.
Die meisten Unternehmen wollen dem Problem durch eine bessere Ausnutzung des eigenen Arbeitnehmenden-Potenzials entgegenwirken. Die Hälfte der Betriebe setzt zudem darauf, ihre Attraktivität für Arbeitnehmende zu steigern. Ebenso viele möchte ältere Angestellte länger im Arbeitsprozess halten. Ein Drittel schliesslich will es Teilzeitarbeitenden besser ermöglichen, ihre Pensen zu erhöhen. Weniger in Betracht ziehen die Unternehmen die Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte.
Trotz all dieser Bemühungen gibt die Hälfte der Arbeitgeber an, «dass der Arbeitskräftemangel zu einer Überlastung ihrer Mitarbeitenden führt».
Die Verteilung der Arbeit auf die bestehenden Mitarbeitenden ist die schlechteste Lösung gegen den Fachkräftemangel. Denn dies erhöht den Druck und Stress am Arbeitsplatz und kann die Angestellten krank machen. Damit verschärft sich das Problem nur noch mehr.
«Wenn die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden abnimmt, leidet darunter die Innovationsfähigkeit der Firmen.»
Alessandro Bee, Ökonom bei UBS CIO GWM, ist ob des Umfrageergebnisses «alarmiert» und weist auf eine weitere Gefahr hin: «Wenn die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden abnimmt, leidet darunter die Innovationsfähigkeit der Firmen.»
Der Fachkräftemangel wird nicht so bald verschwinden, auch das zeigt die UBS-Umfrage. Fast 40% der Unternehmen erwarten in den nächsten fünf bis zehn Jahren einen noch stärkeren Mangel an Arbeitskräften. Nur 16% sehen eine Entlastung.
Was ist also zu tun, wenn die von den Betrieben bereits ergriffenen Massnahmen nicht ausreichen? Angestellte Schweiz hat immer wieder Rezepte gegen den Fachkräftemangel vorgeschlagen, die über das hinausgehen, was viele Betriebe heute umsetzen.
Unternehmen müssen zum Beispiel konsequenter versuchen, Frauen zu gewinnen. Insbesondere Mütter arbeiten in kleineren Pensen oder gar nicht. Da liegt viel Potenzial brach. Es kann allerdings nur ausgeschöpft werden, wenn die Politik endlich konsequent dafür sorgt, dass genügend Betreuungsplätze für Kinder zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung stehen.
Ähnlich ist die Situation bei Menschen mit einer Beeinträchtigung. Es braucht oft nur einige Anpassungen des Arbeitsplatzes an ihre Bedürfnisse und schon können Unternehmen die Lücke in der Belegschaft endlich füllen.
Auch mit mehr Flexibilität bezüglich der Vereinbarung von Beruf und Familie und der Work-Life-Balance kann es Arbeitgebern besser gelingen, offene Stellen zu besetzen. Diverse Unternehmen haben bewiesen, dass zum Beispiel die 4-Tage-Woche auf grosse Zustimmung stösst.
Der Fachkräftemangel wird kleiner, je besser die Kompetenzen der Arbeitskräfte mit denen übereinstimmen, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind. Dass es hier Nachholbedarf gibt, zeigt sich nur schon an der Tatsache, dass mehr als ein Fünftel der Unternehmen Abstriche macht bei der Neubesetzung von Stellen.
Eine bessere Passung lässt sich nur durch eine Bildungsoffensive erreichen: Upskilling (Höherqualifizierung) und Reskilling (Umschulung) sind für Unternehmen und Angestellte eine Daueraufgabe.
Dazu braucht es auch die Unterstützung der Politik. Die plattform, die Allianz unabhängiger und lösungsorientierter Angestellten- und Berufsverbände, der auch Angestellte Schweiz angeschlossen ist, hat diesbezüglich die Initiative ergriffen. Sie fordert die «Anerkennung und Förderung der Aus- und Weiterbildung als ‘Vierte Säule’ in der beruflichen Vorsorge».
Wenn wir alle gemeinsam beherzt anpacken und alle möglichen Massnahmen umsetzen, bekommen wir den Fachkräftemangel in den Griff!