Hochschulabsolvent*innen ohne Arbeit: Spielt die KI eine Rolle?

Die Arbeitslosenquote unter Hochschulabsolventen, selbst aus den besten Studiengängen, steigt. Die wirtschaftliche Lage und künstliche Intelligenz sind mögliche Ursachen dafür.

Peter hat einen Anzug angezogen, seine Zeugnisse in einer Mappe sortiert und seinen Lebenslauf in Farbe ausgedruckt. Ein Vorstellungsgespräch? Nicht ganz: Er hat einen Termin mit seinem Karriereberater. Seit dem Abschluss seines Masterstudiums hat er unzählige Bewerbungen verschickt, ohne den Vertrag zu erhalten, den er sich seit Beginn seines Studiums so sehr wünscht.

Die Herausforderung des Übergangs vom Studium in den Beruf

«Was werden Sie nach dem Studium beruflich machen?»: Eine häufig gestellte Frage, deren Beantwortung nicht immer einfach ist. In bestimmten Studiengängen wie den Geisteswissenschaften ist es allgemein bekannt, dass ein (oft schlecht bezahltes) Praktikum der obligatorische Schritt zu einer Festanstellung ist. In dem oben genannten fiktiven Szenario hat Peter jedoch die HSG St. Gallen abgeschlossen.

Ein selektiver und anspruchsvoller Studiengang, der ihm als Garantie für den Zugang zu den attraktivsten Arbeitgebern verkauft wurde. Wen kann er also für seine Situation verantwortlich machen?

Einige Zahlen

Laut Blick (Oktober 2025) stieg die Arbeitslosenquote von Hochschulabsolventen zwischen 2021 und 2023 von 2,7 % auf 3,2 %. Die Daten des Seco bestätigen diese Entwicklung: Im August 2025 waren 4 % mehr junge Akademiker unter 30 Jahren arbeitslos als im Vorjahr. Grund dafür ist die wirtschaftliche Lage (Zollpolitik, starker Franken, Konjunkturabschwächung in Europa).

In Krisenzeiten ziehen es Unternehmen logischerweise vor, Einstellungen zu stoppen, anstatt Entlassungen vorzunehmen. So können selbst Bereiche, die bisher als Königswege zur Beschäftigung galten – Recht, Management oder Betriebswirtschaft –, junge Menschen zum RAV führen.

Die HSG St. Gallen bestätigt einen Rückgang des Angebots an Praktika und Junior-Stellen für ihre Studierenden sowie einen Anstieg der Anfragen nach individueller Betreuung durch das Karrierezentrum. Dieser Trend wird vom Schweizer Hochschulnetzwerk bestätigt, das zwischen April und Juni 2024 einen Rückgang der Stellenanzeigen um 17 % und im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2023 um 31 % verzeichnet.

Werden junge Talente durch KI ersetzt?

Über die Konjunktur hinaus verändert die Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) bereits jetzt den Arbeitsmarkt.

Seit Monaten wird darüber spekuliert, vor allem in den Vereinigten Staaten. Multinationale Unternehmen wie Amazon oder Ford haben bereits einen zukünftigen Ersatz von bis zu 50 % ihrer Mitarbeitenden durch KI ins Gespräch gebracht. Ist dies eine Fantasie oder greifbare Realität? Laut NZZ ist die Schweiz noch nicht so weit.

Allerdings sind junge Talente, die auf der Suche nach einer ersten Berufserfahrung sind, von diesen Entwicklungen besonders betroffen: Vereinfachte Aufgaben, die für Berufseinsteiger gedacht sind, eignen sich nämlich am besten für die Automatisierung durch KI.

Im Rechtsbereich beispielsweise sind KI-Tools in der Lage, innerhalb weniger Minuten nach Rechtsprechungen zu suchen, Dokumente zu analysieren oder Verträge zu prüfen. Diese Aufgaben fallen normalerweise in den Zuständigkeitsbereich von Praktikanten, die dann zugunsten der KI die Möglichkeit verlieren würden, Erfahrungen zu sammeln.

Das Ausbildungsangebot anpassen

Im Bereich der Beschäftigung verändert KI vor allem die für eine Stelle erforderlichen Kompetenzen. Technisches Verständnis, kritisches Denken und die Fähigkeit, die Zuverlässigkeit eines maschinell generierten Ergebnisses zu bewerten, werden unerlässlich.

In Deutschland hat die Zahl der Stellenangebote, in denen der Einsatz oder die Überwachung von KI-Tools erwähnt wird, drastisch zugenommen, insbesondere in den Bereichen Personalwesen, Buchhaltung und Handel. Die Universitäten beginnen, sich anzupassen. An der HSG, der ETH Zürich oder der Universität Basel umfassen die Studiengänge bereits Grundkurse über künstliche Intelligenz und ihre konkreten Anwendungsmöglichkeiten.

Ziel ist es, den Studierenden KI-Tools näherzubringen, ihnen deren Grenzen zu vermitteln und ihnen beizubringen, mit ihnen zu arbeiten, anstatt gegen sie.

Für junge Absolventen wird es daher entscheidend sein, zu lernen, menschliche Kompetenzen – Kreativität, Ethik, Urteilsvermögen – mit der Beherrschung dieser neuen Technologien zu verbinden. Eine anspruchsvolle, aber zweifellos unverzichtbare Gleichung.

Autor*in

Laure Fasel

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