Verantwortung – was bedeutet das?

Lies in diesem Artikel, wie die Entstehung neuer Hierarchiemodelle in Unternehmen die Bedeutung des Wortes Verantwortung neu definiert.

Wenn man in einem Unternehmen von einer «Verantwortlichen» spricht, stellt man sich allgemein eine Person in der Rolle einer Vorgesetzten vor. Doch mit dem Aufkommen neuer Hierarchiemodelle in den Unternehmen wird die Bedeutung des Begriffs Verantwortung neu definiert. Wir beleuchten dies aus zwei unterschiedlichen Sichtweisen.

Sichtweise des Managements

Betrachten wir zuerst das «klassische» Verständnis von Verantwortung in der Arbeitswelt. In Stellenanzeigen liest man oft: «verantwortungsvolle Position». Aber ist Verantwortung nicht eine Voraussetzung für jede Arbeitsstelle?

In der Berufswelt wird Verantwortung mit Gehalt in Zusammenhang gebracht. Neue Managementmodelle in Unternehmen, die weniger hierarchisch, sondern linearer sind, beweisen jedoch: Wenn alle im gleichen Mass Verantwortung übernehmen, führt das zu einem gesünderen Betriebsklima.

«Verantwortlich zu sein heisst auch, fähig zu sein, die erwarteten beruflichen Kompetenzen zu besitzen.»

Odile Bourguignon Ethik-Professorin

Oft wird, zu Recht oder zu Unrecht, die individuelle Verantwortung der Teamarbeit gegenübergestellt. Prof. Odile Bourguignon erklärt in einem Aufsatz über Bioehtik (2010): «Verantwortlich zu sein heisst auch, fähig zu sein, die erwarteten beruflichen Kompetenzen zu besitzen, die manchmal von anderen nicht richtig erkannt werden. Zwar gibt es nie eine Handlung ohne Verantwortung, doch ist diese in einem kollektiven Kontext, der die individuelle Verantwortung absorbieren und verwässern kann, manchmal schwer zu erkennen.» Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Teamarbeit nicht dazu missbraucht werden darf, sich vor der eigenen Verantwortung zu drücken, sondern dass alle gemeinsam zum reibungslosen Funktionieren des Unternehmens beitragen.

Sichtweise der Angestellten

Als Angestellte*r hat man die Verantwortung für die im Stellenbeschrieb aufgeführten Aufgaben. Dieses «Pflichtenheft» dient als Leitplanke und gibt klare Linien vor für das, was von einem verlangt wird. Es repräsentiert die Verantwortlichkeiten der oder des Angestellten. Das Pflichtenheft hat aber auch Grenzen: Es kann paradoxerweise dazu führen, dass sich Angestellte nicht verantwortlich fühlen und nur das erfüllen, was der Rahmen vorgibt. Sie engagieren sich nicht darüber hinaus.

Es ist daher wichtig, dass die Verantwortlichkeiten zwischen Vorgesetzten und Angestellten auf Augenhöhe besprochen werden. Damit beide wissen, was von ihnen erwartet wird und die Kommunikation reibungslos verläuft. Dies löst viele Probleme, die in einem Unternehmen auftreten können. Zum Beispiel das Problem der Aufgaben, die niemandem klar zugeordnet werden können. Wenn man weiss, dass alle für diese Aufgaben verantwortlich sind, bleibt der Zusammenhalt in der Gruppe erhalten. Ein Turnus der Verantwortlichkeiten ermöglicht es, diese «Schattenarbeit» aufzuwerten.

Alles in allem sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmende gemeinsam die Grenzen der Verantwortung neu definieren und sich vor allem von der verstaubten Vorstellung verabschieden, dass nur grosse Macht auch grosse Verantwortung bedeutet. Denn nur wer selbst Verantwortung übernimmt, kann etwas bewirken und dazu beitragen, dass das Unternehmen reibungslos funktioniert. Die gute Nachricht ist: Dies gilt auch über die Arbeitsumgebung hinaus!

Autor*in

Anne-Valérie Geinoz

Anne-Valérie Geinoz

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