Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz (1)

Sicherheit am Arbeitsplatz wird oft mit der Prävention von Arbeitsunfällen in Verbindung gebracht. In diesen von Unsicherheit geprägten Zeiten wird jedoch zunehmend darauf hingewiesen, dass Mitarbeitende gehört, ausreichend informiert und zu Eigeninitiative ermutigt werden sollen. Ein Klima des Vertrauens zu schaffen ist daher von grundlegender Bedeutung.
In der Arbeitswelt bezeichnet psychologische Sicherheit die Wahrnehmung eines Individuums, sich frei äussern oder Initiativen ergreifen zu können, ohne dafür beurteilt oder negativ bewertet zu werden. Bei einem hohen Mass an psychologischer Sicherheit werden Fehler allgemein akzeptiert und können leicht zugegeben werden. Es ist erlaubt, bei Bedarf Schwächen zu zeigen. Darüber hinaus werden innovative Initiativen oder sogar das Eingehen von Risiken nicht kritisiert.
Psychologische Sicherheit hat einen grossen Einfluss auf eine gesunde Arbeitskultur und das Wohlbefinden im Unternehmen. Wenn sich die Mitarbeitenden sicher fühlen, sind sie eher bereit, Neues zu lernen, fühlen sich eingebunden und bleiben motiviert. Der interne Austausch wird gefördert, da jeder zu Wort kommt; die Teamarbeit funktioniert besser, weil sich niemand zurückzieht. Dies stärkt kreative Prozesse und die Innovationsfähigkeit. Ausserdem lassen sich damit Fehlzeiten vorbeugen: Eine aktuelle Studie zeigt, dass Menschen eher dazu neigen, sich krankschreiben zu lassen, als sich bei Meinungsverschiedenheiten mit ihren Vorgesetzten auseinanderzusetzen. Dies lässt vermuten, dass Konflikte in hohem Masse mit Fehlzeiten am Arbeitsplatz zusammenhängen.
In der Praxis ermöglicht psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz somit:
- Das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Team zu fördern
- das Lernen durch das Recht, Fragen zu stellen, Feedback zu erhalten und aus Fehlern zu lernen, zu fördern
- die Eigenverantwortung und die Übernahme von Verantwortung zu stärken
- das Hinterfragen im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungs- und Innovationsprozesses zu fördern
Die Haltung der Arbeitgeber*innen und die Unternehmenskultur haben einen grossen Einfluss auf die Förderung der psychologischen Sicherheit am Arbeitsplatz, und ihr Aufbau erfordert oft tiefgreifende Veränderungen, die nicht von heute auf morgen geschehen.
Es handelt sich um einen komplexen Prozess, aber er kann mit den folgenden Massnahmen beginnen:
- Offene Gespräche fördern, an denen sich jede*r äussern kann
- Systematische Jahresgespräche anbieten
- Konstruktives Feedback geben, auch bei Fehlern
- bei Schwierigkeiten Empathie zeigen
- Teambuilding fördern
- Kommunikation transparent gestalten
Wie man sieht, spielt Vorgesetze eine wichtige Rolle bei der Schaffung einer offenen Arbeitskultur. Aber auch die Mitarbeiter*innen müssen ihren Beitrag leisten, durch ihre Haltung gegenüber Kolleg*innen (zuhören, nicht urteilen) oder ihr Engagement (Fragen stellen, offen für Veränderungen sein und Lernbereitschaft zeigen).
Politische Umwälzungen, Arbeitszeitverkürzungen, Zölle... Es ist kein Geheimnis, dass wir in schwierigen Zeiten leben. Doch zwischen den bevorstehenden Herausforderungen und den Ressourcen, um wieder auf die Beine zu kommen, ist es vielleicht am schwierigsten, nicht zu wissen, wohin die Reise geht. Psychologische Sicherheit bedeutet daher auch, die Mitarbeitenden in Veränderungsprozesse einzubeziehen. Die Menschen müssen frühzeitig über anstehende Veränderungen informiert und direkt oder über Arbeitnehmervertretungen in wichtige Entscheidungen einbezogen werden.
«Durch psychologische Sicherheit können die Unsicherheiten der heutigen Arbeitswelt nicht eliminiert werden. Der Umgang damit fällt aber viel viel leichter. Mitarbeitenden fühlen sich gehört und es gibt Raum für Emotionen und Umgangsstrategien.»
Psychologische Sicherheit ist ein Gefühl und hängt teilweise von unseren eigenen Wahrnehmungen ab. Sie wird nicht von allen Mitarbeiter*innen eines Teams auf die gleiche Weise empfunden, je nach gemachten Erfahrungen oder Beziehungen zu Kolleg*innen und/oder Vorgesetzten. Durch konkrete Fragen kann man einschätzen, ob man sich am Arbeitsplatz sicher fühlt.
Man kann sich beispielsweise fragen, ob man sich stark, mittelmässig oder gar nicht in folgenden Aussagen wiedererkennt: