KMU-Kultur als Wettbewerbsvorteil

In den kommenden Jahren werden weit mehr Beschäftigte pensioniert als neu auf den Schweizer Arbeitsmarkt kommen. Die Suche nach neuen Mitarbeitenden und das Halten der jetzigen Beschäftigten wird für die Zukunft vieler Firmen zur zentralen Herausforderung.

KMU sind interessante Arbeitgeber*innen

Haben KMU bessere oder schlechtere Karten auf dem Arbeitnehmermarkt als Grossfirmen? Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in immer mehr Benefits und Attraktionen, sondern oft in wenig spektakulär anmutenden Faktoren. Viele der KMU sind sich dieser Erfolgsfaktoren zu wenig bewusst.

Folgende Faktoren machen KMU attraktiv:

Fokus auf die eigentliche Arbeit: Wer als Fachspezialist*inarbeitet, hat wichtige Kompetenzen, oft auch verbunden mit einem Berufsstolz. Solche Mitarbeitenden wollen möglichst rasch an die Arbeit gehen und dort in Ruhe gelassen werden. Das tönt banal. Mitarbeitende müssen sich aber nicht selten mit Dingen auseinandersetzen, die sie nicht interessieren oder nichts angehen. Störungen, Ablenkungen, Konflikte, gut gemeinte Motivations-Aktivitäten, Sitzungen lenken die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden in die falsche Richtung bzw. binden viel Zeit, die produktiver eingesetzt werden könnte. KMU hingegen sind überschaubare Organisationen.

Sinnhaftigkeit und Wirkung der eigenen Arbeit: In der Management-Literatur tauchen regelmässig Ratgeber auf, die den «purpose» thematisieren. Das heisst im Umkehrschluss, dass es Aktivitäten gibt, deren Sinn nicht augenfällig ist. Wer in einem KMU arbeitet, ist gefordert, gefragt, sieht, welche Wirkung er mit seiner Arbeit erzielt. Das macht Sinn; das macht zufrieden.

Nähe zu Kund*innen: Je grösser eine Firma, desto mehr verschwinden die Kund*innen aus dem direkten Blickfeld der Mitarbeitenden. Wer in einem KMU arbeitet, hat meist direkten Kundenkontakt. Diese*r Kund*in hat Wünsche, Ansprüche, ist wählerisch, ungeduldig. Dank einem Produkt oder einer Dienstleistung eine*n Kund*in zufrieden zu stellen, tut gut. Wer beispielweise tagtäglich an einer Rezeption, im Empfang, generell in einem Dienstleistungsbetrieb arbeitet, bekommt die Kundenwünsche permanent und innerhalb von Sekunden mit.

Gegenseitige Loyalität: Arbeitgeber*innen schätzen loyale Mitarbeitende. Loyalität beruht auf Gegenseitigkeit. KMU sind überschaubare Organisationen mit wenig Hierarchiestufen und Silos; man sieht sich oft; die räumliche Nähe bietet viele informelle Kontakte. KMU sind Familienunternehmen oder sehen sich als Familie. Man fühlt sich gegenüber den Mitarbeitenden verpflichtet, denkt langfristig.

Fairness: in der Regel ist die Lohnspanne in KMU geringer als in Grossunternehmen oder staatlichen Organisationen.. Wer sich beruflich weiterentwickeln will, muss sich weniger in Szene setzen und positionieren, sondern durch solide Arbeit auf sich aufmerksam machen.

Führung nicht als Selbstzweck: In einem KMU arbeiten Führungskräfte oft Hand in Hand mit den Mitarbeitenden. Führung auf Augenhöhe ist quasi garantiert. Die Führung ist das, was es sein muss: ein Instrument zur Organisation der Zusammenarbeit. Idealerweise entsteht so ein Rahmen, in dem Mitarbeitende selbständig arbeiten. Zugegeben: Es gibt allerdings auch zahlreiche KMU mir sehr klassischen hierarchischen Führungskulturen.

KMU als attraktives Arbeitsumfeld

Diese Faktoren schaffen den Boden für eine gesunde und attraktive Unternehmenskultur. Ein KMU-Umfeld schafft die Möglichkeit, ohne grosse finanzielle Investitionen attraktiv zu sein.

Für Führungspersonen gilt es, diese echten Werte und Vorzüge mehr zu thematisieren und ins Bewusstsein der Mitarbeitenden zu rücken. Für dich als Arbeitnehmer*in auf Stellensuche kann diese Auflistung ein Hinweis sein, dich bewusst bei kleinen und mittleren Unternehmen zu bewerben.