Wechseljahre: Wir leiden!

Eine erste nationale Studie beleuchtet die beruflichen Schwierigkeiten von Frauen in den Wechseljahren.

Nadia ist am Boden zerstört. Sie hat die Termineinladung im Outlook geöffnet und ihr fällt der Name ihrer Arbeitskollegin nicht mehr ein… Dies ist ein Fallbeispiel, doch ist es kein Einzelfall. Erhebliche Konzentrationsstörungen können ein Symptom der Wechseljahre sein. Die erste schweizweite Studie zur Menopause zeigt dramatischen Handlungsbedarf.

Befragt wurden mehr als 2'259 berufstätige Frauen in der Schweiz. Hitzewallungen, Konzentrationsschwäche, Angstzustände: Es handelt sich nicht um eine Krankheit, sondern um den natürlichen hormonellen Prozess. Doch aus Angst, offen darüber zu sprechen, reduzieren die Frauen ihr Arbeitspensum, lehnen die Beförderung ab oder erwägen sogar den vorzeitigen Ruhestand. Die Ergebnisse zeigen, dass das Thema nach wie vor tabuisiert wird und dass die Symptome die Karriere von Frauen bremsen können.

Ergebnisse der Umfrage

Aufgrund der Symptome der Menopause:

  • haben 20 % der Frauen ihr Arbeitspensum reduziert
  • haben 16 % den Arbeitgeber gewechselt
  • haben 13 % eine berufliche Auszeit genommen
  • ist jede zwanzigste Befragte vorzeitig in den Ruhestand gegangen

Letztendlich kommt die Studie zu dem Schluss, dass jede dritte Frau beruflich von diesen hormonellen Veränderungen betroffen ist.

Unbekannte Symptome?

Die Studie zeigt, dass die Folgen nicht nur den körperlichen Zustand beeinträchtigen. Wir wissen, dass Hormone einen starken Einfluss auf die Stimmung und die kognitiven Fähigkeiten haben. Die berühmten Hitzewallungen, die normalerweise mit dieser Lebensphase in Verbindung gebracht werden, sind also nur die Spitze des Eisbergs. Die Befragten berichten über folgende Symptome:

  • Körperliche und geistige Erschöpfung (71,2 %)
  • Schlafstörungen (62,6 %)
  • Reizbarkeit (47,6 %)
  • Hitzewallungen, Schweissausbrüche (43,3 %)
  • Depressive Verstimmung (42,7 %)

Noch beunruhigender ist, dass die Unkenntnis über diesen Zustand oft dazu führt, dass die Betroffenen und auch Ärzt*innen im Allgemeinen die oben genannten Beschwerden mit anderen, insbesondere psychischen Problemen in Verbindung bringen.

30 % der Befragten geben an, dass sie die Symptome, die früh auftretenden, nur unzureichend kennen. Die Perimenopause kann zehn Jahre vor dem Tag der letzten Regelblutung beginnen. Im Allgemeinen können Müdigkeit oder Angstzustände bei den betroffenen Frauen zu einer Diagnose von Depressionen führen. Dies behindert die Möglichkeiten einer angemessenen Behandlung sowie das Verständnis des Umfelds.

Die gravierendsten Auswirkungen auf die Karriere sind erhebliche Konzentrationsschwierigkeiten, eine allgemeine und bisher unbekannte Antriebslosigkeit, überdurchschnittliche Müdigkeit und sogar eine Form von Angst vor normalerweise vertrauten beruflichen Situationen, wie z. B. öffentlichen Reden. Die Studie kommt daher zu dem Schluss, dass die Menopause keine Krankheit ist, aber Menschen krank machen kann, wenn sie am Arbeitsplatz nicht die notwendige Unterstützung erhalten. Eine Unterstützung, die umso schwieriger zu finden ist, als das Thema in Unternehmen meist tabuisiert wird.

Den Dialog fördern

68 % der befragten Frauen sprechen nie oder nur sehr selten am Arbeitsplatz über die Menopause; 40 % befürchten Auswirkungen dieser Lebensphase auf ihre berufliche Zukunft; 47 % versuchen, ihre Symptome vor ihrem Arbeitgeber zu verbergen.

Die Möglichkeit, über dieses Thema zu sprechen, hängt jedoch von der Unternehmenskultur ab. In einem überwiegend männlichen Umfeld werden Gesundheitsprobleme von Frauen von den Vorgesetzten nicht immer mit der gebotenen Aufmerksamkeit behandelt, was die oben genannten Folgen hat.

Dies ist umso bedauerlicher, als derzeit die Förderung der Gleichstellung in Unternehmen in aller Munde ist. Alterung der Bevölkerung, Fachkräftemangel...: Die Relevanz von Investitionen, um ältere Frauen zum Verbleib im Berufsleben zu ermutigen, steht ausser Frage.

Folgende Massnahmen können gefördert werden:

  •  Förderung eines offenen Dialogs über Symptome
  •  Angebot von Anpassungen wie flexiblen Arbeitszeiten oder Arbeit bei starken Symptomen
  •  Büros klimatisieren
  •  Ein Angebot an angepassten körperlichen Aktivitäten fördern

Jede Situation ist einzigartig, und die Möglichkeiten für Anpassungen unterscheiden sich je nach ausgeübtem Beruf. In jedem Fall ist die Möglichkeit, das Thema klar und ohne Scham anzusprechen, der erste Schritt, um die Interessen sowohl der Arbeitnehmer*innen als auch der Arbeitgeber*innen zu wahren, die ein grosses Interesse daran haben, ihre Talente zu halten.

Die Gesundheit von Frauen in der Arbeitswelt

Das zunehmende Engagement von Frauen in der Politik hat zu innovativen Initiativen geführt, um den Arbeitsmarkt für weibliche Arbeitnehmerinnen attraktiver zu gestalten.

Die Stadt Zürich hat ein Pilotprojekt für einen gesetzlich verankerten Menstruationsurlaub gestartet, der es Mitarbeiterinnen mit starken Regelschmerzen ermöglicht, mehrere Tage im Jahr ohne ärztliches Attest fernzubleiben.

In der Westschweiz gewähren die Städte Yverdon-les-Bains und Freiburg ihren Mitarbeiterinnen bereits diese Möglichkeit. Eine Massnahme, die von den einen als fortschrittlich und innovativ, von den anderen als stigmatisierend angesehen wird und auch in feministischen Kreisen zu unterschiedlichen Meinungen führt: Würde dies Arbeitgeber*innen dazu ermutigen, männliche Bewerber zu bevorzugen, um Fehlzeiten zu vermeiden? Was ist, wenn diese Regelungen missbraucht werden? Ist es nicht besser, bei starken Regelschmerzen einen Arzt aufzusuchen?

Auf jeden Fall ermöglichen die Debatten, die in der Öffentlichkeit geführt werden, eine offene Auseinandersetzung mit einem Thema, das lange Zeit tabu war, und deshalb können wir sagen, dass dies ein Schritt nach vorne ist.

Autor*in

Laure Fasel

Laure Fasel

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