Lernende sind psychisch besonders herausgefordert

Viele Jugendliche leiden unter psychischen Problemen. Umso wichtiger ist ein stabiles Umfeld in der Lehre.

Endlich nicht mehr jeden Tag in die Schule! Manche Jugendliche können es kaum erwarten. Gleichzeitig beginnt für sie aber mit dem Antritt einer Lehre eine Zeit grosser Unsicherheit. Komme ich mit der Arbeit zurecht? Genüge ich den Anforderungen?

Jede*r Fünfte schliesst die Lehre nicht ab

Eine grosse Mehrheit der Lernenden schliesst gemäss dem Bundesamt für Statistik die Lehre erfolgreich ab. Rund 20% der Lernenden erleben jedoch eine vorzeitige Auflösung des Lehrvertrags. Dies mag aus fehlendem Interesse oder fehlender Eignung geschehen. «Dennoch ist der Einfluss psychischer Probleme auf den Lehrabbruch nicht zu unterschätzen», schreibt Gesundheitsförderung Schweiz.

«Der Einfluss psychischer Probleme auf den Lehrabbruch ist nicht zu unterschätzen.»

Gesundheitsförderung Schweiz

Warum treten psychische Probleme gerade bei Lernenden oft auf? Die Studie «Umgang mit psychisch belasteten Lernenden» geht den Gründen nach.

Lernende sind in sensibler Übergangsphase

Lehrbeginner*innen sind in einer Lebensphase, in der sie gleich mehrfach herausgefordert sind. Sie sind nicht nur im Übergang von der Schule ins Arbeitsleben, sondern auch vom Jugendalter ins Erwachsenenalter. Sie sind «körperlich erwachsen – sozial noch ein Kind», schreibt Gesundheitsförderung Schweiz. Die körperliche Erscheinung wecke in der Aussenwelt Erwartungen, welchen sie (noch) nicht gerecht werden könnten. Das mache sie besonders anfällig für Krisen.

Gleichzeitig entwickeln sich psychische Störungen oft sehr früh. Rund die Hälfte vor dem 15. Lebensjahr. Etliche Lernende sind also bereits psychisch belastet.

Viele problematische Lehrverläufe

Die für die Studie befragten Berufsbildner*innen stellen denn auch viele Auffälligkeiten und Probleme bei ihren Lernenden fest. Besonders häufig genannt werden eine hohe Ablenkbarkeit sowie Schwierigkeiten, eine konstante Leistung zu erbringen, Prioritäten zu setzen und sich selbst zu organisieren. Oft mangelt es auch an Konzentration und die Lernenden sind wenig belastbar.

Lediglich 41% der Lehrverläufe sind aus Sicht der Berufsbildner*innen unproblematisch. Bei 33% können die Probleme gelöst werden. Bei über 26% jedoch blieben sie bis zum Schluss bestehen. Mehr als ein Drittel dieser Lernenden bricht die Lehre ab.

Jugendliche profitieren von unterstützendem Umfeld

40 bis 50% der Lernenden mit Problemen sind zumindest vorübergehend aufgrund psychischer Probleme in Behandlung. Das ist gut und richtig. Ebenso wichtig ist gemäss Gesundheitsförderung Schweiz aber auch ein unterstützendes Umfeld.

Neben der Familie haben auch die Freund*innen der Lernenden einen deutlich positiven Einfluss auf den Lehrverlauf – gerade im Zusammenhang mit dem Konsum von Suchtmitteln.

Viel zum Gelingen einer Lehre tragen die Berufsbildner*innen selbst bei. In Bezug auf psychische Themen fühlen sie sich gemäss der Studie jedoch oft unsicher und allein gelassen. In rund der Hälfte der andauernd problematischen Lehrverläufe ziehen sie keine professionelle Unterstützung bei.

Auswirkungen auf das ganze Leben

Bisher existierten kaum Anlaufstellen, an die sich Berufsbildner*innen hätten wenden können. Gesundheitsförderung Schweiz hat jetzt aber das Angebot «Friendly Workspace Apprentice» geschaffen. Es bietet umfassende Informationen und gibt hilfreiche Tipps.

Man kann nicht genug betonen, wie wichtig es ist, dass Lernende ihre Probleme in der Lehre oder gar Krisen meistern. Denn in dieser Lebensphase werden Weichen für das ganze Leben gestellt. Ein Lehrabbruch und die damit verbundenen schlechten Erfahrungen und Gefühle können eine Berufskarriere bereits in frühen Jahren gefährden. Rechtzeitig zu reagieren, lohnt sich also!

Autor*in

Hansjörg Schmid

Hansjörg Schmid

Mehr zum Thema Arbeit und Gesundheit

Mitglied werden und profitieren

Werde Mitglied von Angestellte Schweiz und schliesse dich unseren 12'000 Mitgliedern an.